ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
Print-Version Drucken
Publiziert: 19.05.2005 06:00

Zwischenbilanz des NFS Klima
Das Bild hat sich gefestigt

Die Forschenden des Nationalen Forschungsschwerpunkts "Klima" haben am Dienstag auf die ersten vier Jahre Forschungsarbeit zurückgeblickt. Das neu geschaffene Forschungsinstrument beurteilen sie positiv: Die Zusammenarbeit der Forschergruppen funktioniert gut und ermöglicht beachtliche wissenschaftliche Erfolge, gerade auch im Hinblick auf die Abschätzung der künftigen Entwicklung.

Von Felix Würsten

Vier Jahre ist es nun her, seit der Nationale Forschungsschwerpunkt (NFS) "Klima" (1) seine Arbeit aufgenommen hat. Über hundert Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben seither die vielfältigen Aspekte des Klimawandels untersucht. Bevor die Forschenden nun die zweiten vier Jahre in Angriff nehmen, haben sie am Dienstag im Kursaal Bern einen "Boxenstopp" eingelegt und dabei mit durchaus berechtigtem Stolz auf die letzten Jahre zurückgeblickt. Dank den Anstrengungen hat sich das Bild des Klimawandels in vielen Bereichen gefestigt.

Breit abgestütztes Netzwerk

"Das Instrument der NFS bewährt sich", zieht der Berner Klimaforscher Heinz Wanner, Direktor des NFS Klima, ein grundsätzliches Fazit. "Wir haben ein breites Netzwerk etabliert und interessante Zusammenarbeiten mit der Industrie aufgebaut." Dazu gehört beispielsweise eine Kooperation mit dem Rückversicherer SwissRe, der sich mit steigenden Schäden durch Naturkatastrophen konfrontiert sieht. Positive Impulse gebe es auch im Bereich Ausbildung, ergänzt Heinz Wanner. "Wir organisieren beispielsweise spezielle Seminare für Doktoranden und Summer Schools, die sich grosser Beliebtheit erfreuen. Zudem plant die Universität Bern, zusammen mit der ETH Zürich einen speziellen Masterstudiengang in Klimaforschung anzubieten."

Eine positive Bilanz aus wissenschaftlicher Sicht zieht auch Christoph Schär vom Institut für Klima und Atmosphäre der ETH Zürich. "Wir haben in den ersten vier Jahren weit mehr erreicht als wir dachten." Der Erfolg der Arbeit schlägt sich unter anderem in diversen Publikationen nieder, welche einzelne Gruppen in den renommierten Zeitschriften "Science" und "Nature" veröffentlichen konnten. (2)

Impulse für die Strukturpolitik

Dass der Nationalfonds mit den NFS die schweizerische Hochschullandschaft beeinflusst, ist durchaus beabsichtigt. "Neben der Breitenförderung braucht unser Land auch eine gewisse Konzentration in ausgewählten Gebieten", meint Dieter Imboden, seit Anfang Jahr Präsident des Nationalen Forschungsrats. Für die Universitäten ist dies allerdings nicht ganz unproblematisch. "Als Leading House bringen uns unsere drei NFS zwar viel Prestige", erklärt Urs Würgler, Vizerektor der Universität Bern. "Aber die Ehre bedeutet für uns eine grosse finanzielle Verpflichtung." Angesichts der knappen Mittel stösst dies – wenig erstaunlich – nicht bei allen Fakultäten auf Begeisterung. Trotzdem zieht Urs Würgler nach vier Jahren eine positive Bilanz. "Unsere Hochschulen brauchen ein klares Profil, und gerade die NFS begünstigen die Profilierung."

Nicht nur natürliche Faktoren

Die konkreten Resultate, welche die Forschenden am Boxenstopp präsentierten, bestätigen, dass der Klimawandel immer mehr zur konkreten Realität wird. So konnte eine Gruppe unter der Leitung von Thomas Stocker vom Physikalischen Institut der Universität Bern, das europäische Klima der letzten 500 Jahre im Detail rekonstruieren. "Es zeigt sich immer deutlicher, dass sich das Klima in den letzten Jahrzehnten aussergewöhnlich verändert hat", meint Thomas Stocker. "In den letzten 30 Jahren haben sich zum Beispiel die Sommertemperaturen markant erhöht. Dies kann mit natürlichen Faktoren alleine nicht mehr erklärt werden."


weitermehr

Die Hitzewelle im Sommer 2003 setzte auch der Landwirtschaft zu. Zahlreiche Bauern litten unter den Folgen der Trockenheit. (Bild: Michael Grossenbacher, Schweizer Bauer) gross

Neue Erkenntnisse gewannen die Forschenden auch in Bezug auf die künftige Entwicklung. "In Mitteleuropa muss nicht nur mit einem weiteren Anstieg der Durchschnittstemperaturen im Sommer gerechnet werden, sondern auch mit grösseren klimatischen Schwankungen von Jahr zu Jahr", erklärt Christoph Schär. "Die Wahrscheinlichkeit von überdurchschnittlich warmen Sommern nimmt deshalb stark zu." (3) Die Zürcher Forscher haben ermittelt, dass unter den heutigen Bedingungen der Hitzesommer 2003 ein absolutes Ausnahmeereignis war. Sollte sich der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre bis Ende des Jahrhunderts verdoppeln, dann werden jedoch solche heissen Perioden hierzulande wohl zum Normalfall.

Kritische Zukunft für die Bauern

Einen solche Entwicklung hätte gravierende Folgen. Man geht heute davon aus, dass der Hitzesommer 2003 in Europa zehntausende von Menschenleben forderte und Schäden in Milliardenhöhe verursachte. "Gerade für die Landwirtschaft hat der Klimawandel ernsthafte Konsequenzen", erklärt Jürg Fuhrer von der Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau (FAL). Entscheidend ist dabei weniger der Temperaturanstieg an sich, sondern die Veränderungen des Wasserhaushalts im Boden. "Wir gehen davon aus, dass Ende des Jahrhunderts während der Vegetationszeit viel mehr Flächen von Trockenheit betroffen sein werden als heute", meint Jürg Fuhrer.

Dass dringender Handlungsbedarf besteht, darin sind sich die Forschenden des NFS Klima einig. Die Frage stellt sich jedoch, welche Massnahmen angemessen sind. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) und die EU empfehlen, den globalen Temperaturanstieg im 21. Jahrhundert auf 2 Grad zu beschränken. "Die CO2-Emissionen pro Kopf müssten demzufolge bis ins Jahr 2050 um 50 bis 80 Prozent gesenkt werden", rechnet Alexander Wokaun vom Paul Scherrer Institut in Villigen vor. Aus wirtschaftlicher Sicht sei es entscheidend, frühzeitig in die Ausreifungskosten von neuen Technologien zu investieren. Nur so könnten die Kosten für die Reduktion der Emissionen auf ein vertretbares Mass reduziert werden. Das PSI-Team kommt auf Grund von seinen Studien zum Schluss, dass eine Politik, die zum einen ein klares CO2-Ziel verfolgt und zum anderen die Kosten der Schadstoffemissionen preislich internalisiert, am ehesten die gewünschten Ziele erreicht.


Fussnoten:
(1) Homepage des NFS Klima: www.nccr-climate.unibe.ch/
(2) Siehe dazu beispielsweise "ETH Life"-Artikel "Der Trend hat gekehrt": www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/GlobalDimming.html
(3) Siehe dazu "ETH Life"-Artikel "Ein Vorbote der Klimazukunft": www.ethlife.ethz.ch/articles/Hitzesommer.html



Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!