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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 06.02.2004 06:00

Jubiläums-Rückblicke der ETH-Technikgeschichte
Gründungen und Gründe

Als offizielles „Geburts“-Datum der ETH gilt der 15. Oktober 1855, Beginn des Wintersemesters 1855/56. Doch nachhaltiger, weil politisch wegweisend für die „Zukunftsmaschine Polytechnikum“ war das Ja des Nationalrats zum „Bundesgesetz betreffend die Errichtung einer polytechnischen Schule“. Das war am 7. Februar 1854. Den zahlreichen Umbauten, Reformen und Erweiterungen, welche die Bundeshochschule seither durchlebt hat, spürt eine „ETH Life“-Artikelserie der Professur für Technikgeschiche nach. Sie beginnt mit dem nachfolgenden Text ihres Leiters.

Von David Gugerli

Fangen wir mit dem Vertrauten und dem Sichtbaren an, mit der alles dominierenden Kuppel des ETH-Hauptgebäudes. Architektonisch galt sie einst als unkonventionell, bautechnisch und ästhetisch war sie ein riskantes Werk. Jedenfalls eines, das nicht auf Anhieb gelingen wollte und gleich nach der Fertigstellung 1919 renoviert werden musste.

So flach sie uns manchmal erscheinen mag, sie hat schon viel geleistet: Als ein mutiger Versuch im modernen Bauen mit Beton passte sie sich einigermassen flexibel den Anforderungen des Zürcher Denkmalschutzes an, wusste sich mit der Zeit als fast natürlicher Teil des Semperbaus und des Stadtbildes darzustellen und mutierte unter den Anforderungen rechnergestützten architektonischen Entwerfens unversehens zum Dach eines CAAD Übungs- und Unterrichtsraums mit dem verspielten Namen VISDOME.

Die Kuppel als Ikone

Vor allem aber wurde die Kuppel zum Sinnbild für all das, was eine Eidgenössische Technische Hochschule unter Dach und Fach bringen musste. Als Ikone steht sie heute – auf der Startseite unzähliger PowerPoint Präsentationen – schlicht für eine vielseitige und dynamische, naturwissenschaftlich-technische Universität. Als gebaute Aufstockung markierte sie einst den Übergang vom Eidgenössischen Polytechnikum zur Eidgenössischen Technischen Hochschule, die sich in voller akademischer Würde von der Stadt und von der kantonalen Schwesteruniversität emanzipierte. Die Kuppel setzte also damals, als sie gebaut wurde, einen Akzent zugunsten einer nationalen Hochschule und verwies indirekt auf jene bildungspolitische Initiative, mit der sich der junge Bundesstaat um die Mitte des 19. Jahrhunderts effektvoll in Szene gesetzt hatte.

„Ein niederschlagender Anfang“

Dieser Anfang der inzwischen 150 Jahre langen Geschichte der ETH wird selten an ihrer Kuppel, sondern meistens an einem Datum, dem 15. Oktober 1855, festgemacht. "Mittags Eröffnungsfeier des eidgenössischen Polytechnikums und abends den grössten Teil der Schüler in besoffenem Zustande. Wahrlich ein niederschlagender, ärgerlicher Anfang“, vermerkte der damalige Rektor Deschwanden in seinem Tagebuch. Ist aus der Schule etwa nicht wegen, sondern vielmehr trotz ihres rauschenden Starts schliesslich doch noch etwas geworden?


ETH-Geschichte multimedial

In Hinblick auf das 150-Jahr Jubiläum der ETH Zürich hat das Institut für Geschichte im Auftrag der Schulleitung das Projekt "ETHistory 1855-2005" lanciert. Ziel ist es, die lange und reiche Geschichte der Schule zu vergegenwärtigen und zeitgemäss zu präsentieren – die Basis für eine kritische und zukunftsgerichtete Reflexion über die Schule im Jubiläumsjahr 2005. Neben einer historischen Studie zur ETH in Buchform wird eine aufwendige, in Deutsch und Englisch verfügbare Website zur Geschichte der ETH realisiert. Diese wird im Frühjahr 2005 aufgeschaltet. Mehr Infos unter: www.tg.ethz.ch/forschung/projektbeschreib/ETHistory/ETHistory_dt.htm




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Ikone im Bau: Konstruktion der ETH-Kuppel, um 1917/18. Bild: Bildarchiv ETH-Bibliothek, Zürich. gross

Die (fröhliche) Eröffnung des ersten Wintersemesters ist seither alle 25 Jahre hochoffiziell als ein grosser Beginn gefeiert worden und stellte wohl nicht ganz zufällig ein anderes Datum in den Schatten, eines, das die Konstruktionsbedingungen der Zukunftsmaschine Polytechnikum zwar nachhaltiger bestimmte, das aber politischer und nicht akademischer Natur war.

Symbol liberaler Zukunftshoffnung

Der Akt der Gründung, der es erst rechtfertigt, von der ETH als einer bundesstaatlichen Ausbildungsstätte zu sprechen, erfolgte vor 150 Jahren. Am 7. Februar 1854 bewilligte der Nationalrat das „Bundesgesetz betreffend die Errichtung einer polytechnischen Schule“. Vorausgegangen waren dieser Einigung jahrelange Kommissionsarbeiten, Debatten im National- und Ständerat sowie eine lebhafte politische und publizistische Anteilnahme weiter Kreise des jungen Bundesstaats. Für die Liberalen war das Polytechnikum der „Schlussstein“ der neuen Verfassungswirklichkeit – und stand dennoch vor allem für die Gestaltung und Institutionalisierung einer eben entworfenen Zukunft. Deschwandens Seelenkater vom 16. Oktober 1855, um hier Missverständnissen vorzubeugen, lässt sich demnach plausibel und simpel als ungeplante Nebenwirkung einiger wohlverdienter Feierabendbiere erklären.

An der „Zukunftsmaschine Polytechnikum“ wird seit eineinhalb Jahrhunderten weiter gebaut, gelehrt, geforscht, gelernt, gerechnet, geschrieben, gelitten und geschwänzt, gearbeitet und gefeiert. Man hat sie in mutigen Etappen, nach wechselnden Plänen, häufig mit beachtlichem Erfolg und mit immer neuen, manchmal auch kontroversen Zielen errichtet, renoviert, verändert, umgestaltet, neu entworfen, abgerissen und erweitert. Ich meine, es lohnt sich, da einmal genauer hinzuschauen: Um vielleicht zu verstehen, welche Gründe zu dieser Riesenarbeit geführt haben mögen.

Es ist ein aufregendes Experiment, die Kuppel einmal ohne denkmalpflegerisch sanktioniertes Kleid zu denken, das Zentrum sowohl mit als auch ohne Berg zu sehen, den Campus in andern Konkurrenzverhältnissen und andern gesellschaftlichen Kontexten zu studieren, die Hochschule mit wechselnden Belegschaften und Kunden, mit immer neuen Kommunikationsweisen und Selbstverständlichkeiten sich vorzustellen. Am „richtigen“ Datum für das Jubiläum ändert dies nichts, aber vielleicht hat es einen kleinen Einfluss auf manche der folgenden Renovations- und Gestaltungsarbeiten.




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