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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 25.01.2001 06:00

Fluglärm und räumliche Entwicklung unter der Lupe
Lärm ist nicht = Lärm

Der Flughafen Zürich steht derzeit durch zwei aktuelle Schauplätze im Rampenlicht: wegen der Auseinandersetzungen der schlingernden Swissair und wegen des Fluglärms, der die räumlichen Entwicklungsmöglichkeiten der Gemeinden belastet. Die Lärmgrenzwerte, die von einer Expertengruppe wissenschaftlich ermittelt und später vom Bundesrat heraufgesetzt wurden, hat das Bundesgericht für illegal erklärt. Sie müssen neu festgelegt werden. Studierende des Nachdiplomstudiums ORL erarbeiteten Lösungsvorschläge.

Von Regina Schwendener

Jeder Mensch reagiert anders auf Lärm und derjenige durch den Autoverkehr hat eine andere Qualität als Flugzeuglärm. Die Lärmgrenzwerte, die aufgrund empirischer Studien von einer Expertengruppe empfohlen und später wegen wirtschaftlicher Überlegungen durch den Bundesrat heraufgesetzt wurden, stehen auf wackligen Füssen. Sie erhielten im Laufe der Jahre eine politische, ja sogar internationale Dimension.

Mehrfachbelastungen

Der Bundesrat hatte im April 2000 die Grenzwerte nach oben korrigiert: In der Zone mit Planungswert (57-55 Dezibel), die einen grossen Teil des Kantons Zürich überdeckt, dürfen keine neuen Bauzonen ausgeschieden werden. In der Zone des Immissionsgrenzwertes (65-57 Dezibel) können gewisse Baulücken noch geschlossen werden und in der Alarmwert-Zone (67-65 Dezibel), die im An- und Abflugbereich des Flughafens liegt, gilt ein Baustopp, was beispielsweise die Gemeinde Höri stark betrifft.

Diese Regelungen belasten die Entwicklung der betroffenen Gemeinden. Wallisellen und Dübendorf sind zusätzlich durch den Militärflugplatz Dübendorf belastet, der sich jedoch mit Spitzenwerten in Blockzeiten und selten am Abend oder am Wochenende bemerkbar macht.

Veto aus Süddeutschland

"Jetzt wird es nochmals zu einer Änderung der Grenzwerte kommen, weil die bisherigen vom Bundesgericht im Dezember als illegal erklärt wurden", erläutert Remo Steinmetz, Leiter des Nachdiplomstudiums am ORL-Institut die Situation, der sich die Studierenden am gerade abgeschlossen Kurs stellen mussten. Rechtsverbindliche Werte fehlen. Die Opposition gegen den Fluglärm aus Süddeutschland ist soweit erstarkt, dass der Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Deutschland aufgekündigt wurde.

Tieffliegende Landeanflüge aus Norden sind so nicht mehr möglich. Dreht man jedoch die Anflüge nach Süden, würden stark besiedelte Siedlungsgebiete und künftige Entwicklungsgebiete in der Alarmwert-Zone liegen. "Wenn es nicht gelingt, sich mit den Süddeutschen zu einigen, kommt es zu einer Katastrophe", so Steinmetz. Die Lärmschutzverordnung verhindere weitere Entwicklungsmöglichkeiten in den Siedlungsteilen im Süden des Flughafens. Hier investieren Bahn und Strasse mehrere Milliarden in die Erschliessung. Bei der Glattalbahn werden rund 600 Millionen Franken in die Entwicklung gesteckt.

Neue Strategie nötig

Die Studierenden kamen zu folgenden Schlüssen: Der bisherige Flugbetrieb als Ergebnis einer über 30jährigen Geschichte zwischen Siedlungsentwicklung und Fliegen gilt grundsätzlich als optimal; dennoch ständen heute zwingend Qualitätsverbesserungen an. Eine neue Strategie sei nötig, weil die prognostizierten Lärmimmissionen den am stärksten besiedelten Teil des Kantons beschallen, die Lebensqualität sehr vieler Bewohnerinnen und Bewohner tangiert wird, Bedeutung und Wert bestehender Bauten und Infrastrukturen gefährdet sind und die Leitlinien der Raumordnungspolitik des Kantons nicht umgesetzt werden können.


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Laermgrenzwertkarte Flughafen Zuerich Kloten
Die Lärmbelastung durch den Flughafen Zürich-Kloten lässt sich in drei "Lärmzonen" aufteilen.

Dem Regierungsrat des Kantons Zürich empfehlen die Studierenden, den Flugbetrieb auf wenige, enge An- und Abflugrouten festzulegen, um Planungssicherheit zu schaffen, Umnutzungen und Umsiedlungen zu ermöglichen und die Lärmschäden des Flugverkehrs zu reduzieren. Schlagworte wie "Demokratisierung" und "Verteilung des Fluglärms" helfen nicht weiter. Die Staatsvertragsverhandlungen des Bundes mit Deutschland müsse die Regierung mit allen Mitteln unterstützen, damit das derzeit optimale Flugregime weiterbetrieben werden kann.

Dübendorf als Charterflughafen?

Die sehr schlechten baulichen Entwicklungschancen der Gemeinden sind zu einem grossen Teil auf Flüge am späten Abend zurückzuführen. Die beabsichtigte Ausdehnung des Nachtflugverbots durch die Regierung wird daher als gute Lösung angesehen. Das Problem der sich überlagernden Lärmquellen (Flughafen Kloten und Flugplatz Dübendorf) ist sehr akut, wird jedoch wenig beachtet. 2010 soll Dübendorf aufgegeben und möglicherweise Flughafen für Kleinflugzeuge und Charterflüge werden. Diesen Flugplatz beurteilen die Studierenden aber als Siedlungsreserve, die durch die jetzt geborene Generation an einem starken Standort noch nach ihren Ansprüchen gestaltet und genutzt werden kann. Ihre Meinung: "Wenn der Flughafen Motor der Wirtschaft ist und daraus Mehrwert entsteht, müssen auch die Verlierer dieses Flughafens gerecht entschädigt werden können."


Literaturhinweise:
Website der Nachdiplomausbildung in Raumplanung: www.orl.arch.ethz.ch/NDS-RP/
Link: www.arv.zh.ch/ im Menu «ARV Aktuell»



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