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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 17.04.2003 06:00

IInternationale Tiefsee-Expedition im Atlantik mit ETH-Beteiligung
Ausflug zur "verlorenen Stadt"

In den nächsten Tagen wird ein internationales Forscherteam mit ETH-Beteiligung in See stechen. Ziel ist eine als "Lost City" bezeichnete Struktur, eine Ansammlung von weissen, bizarren Türmen auf dem Meeresgrund, die vor wenigen Jahren entdeckt wurden. Dort hoffen die Wissenschaftler unter anderem, Hinweise auf frühe Lebensformen zu finden.

Von Felix Würsten

Es war eine eigentümliche Welt, die ein internationales Forscherteam vor wenigen Jahren mitten im Atlantik entdeckte. Bei einem Tauchgang mit dem kleinen U-Boot "Alvin" fanden die Wissenschaftler damals am Meeresgrund auf einer "Atlantis" genannten Erhebung eine Ansammlung von weissen, teilweise bizarr geformten Türmen. "Lost City" nannten sie diese eigentümliche Landschaft, die eine Fläche von rund 400 mal 400 Meter bedeckt. Nun kehren die Forschenden zur "verlorenen Stadt" zurück, um die Strukturen genauer zu untersuchen (1). Wie beim ersten Mal ist bei dieser Expedition auch die ETH-Forscherin Gretchen Bernasconi-Green vom Institut für Mineralogie und Petrographie (2) mit von der Partie.

Kein Magma im Spiel

"Lost City" liegt auf einer Breite von 30°N und ist 15 Kilometer von der Achse des Mittelozeanischen Rücken entfernt. Die Türme erreichen eine Höhe von bis zu 60 Metern und bestehen aus Karbonat- und Magnesiumhydroxid-Mineralien. Die Strukturen entstehen, weil aus dem Untergrund warmes Wasser austritt und dadurch an diesen Stellen Karbonat aus dem Meerwasser ausfällt. "Das Spezielle an Lost City ist, dass dieser hydrothermale Prozess nicht durch heisses Magma im Untergrund angetrieben wird", erklärt Bernasconi. "Vielmehr ist er auf eine mineralogische Reaktion zurückzuführen." Damit unterscheiden sich die Türme markant von den sogenannten "Black smokers", die aus Sulfid-Mineralien aufgebaut sind und in Zusammenhang mit dem Magmatismus bei den Mittelozeanischen Rücken stehen.

Aus Olivin wird Serpentin

"Lost City" befindet sich an einer Stelle, wo Gesteine aus dem oberen Erdmantel durch tektonische Bewegungen an die Oberfläche verfrachtet wurden. Wenn nun die abgekühlten Gesteine aus dem Erdmantel mit Wasser in Kontakt kommen, werden sie hydratisiert: das Mineral Olivin wird zu Serpentin umgewandelt, und dabei wird Wärme freigesetzt. Diese wiederum setzt dann den hydrothermalen Kreislauf in Gang, der zur Bildung der weissen Türme führt.

Bis jetzt kennt man kaum Strukturen, die sich mit "Lost City" vergleichen lassen. Dennoch handelt es sich bei den weissen Türmen nicht einfach um eine nebensächliche Kuriosität, wie Bernasconi erklärt. "Vermutlich waren in der Frühzeit der Erde, also im Archaikum, solche Strukturen verbreitet. Da das hydrothermale Wasser bei Lost City sehr basisch und nur etwa 40 bis 75°C warm ist, waren solche Ablagerungen möglicherweise ein idealer Ort für die ersten Lebewesen." Tatsächlich haben die Wissenschaftler bereits bei ihren ersten Expedition eine vielfältige mikrobielle Lebewelt entdeckt.


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"Lost City" besteht aus zahlreichen bizarren weissen Türmen, die eine Höhe von bis zu 60 Metern erreichen können. (Bilder: G. Bernasconi-Green) gross

Leben in "Lost City"

In den nächsten Wochen will das Team – wiederum mit dem U-Boot "Alvin" (3) - insgesamt 18 Mal auf den Meeresgrund vorstossen. Die Tauchgänge werden vom Forschungsschiff "Atlantis" aus unternommen, das von der "Woods Hole Oceanographic Institution" (4), einer privaten amerikanischen Forschungsinstitution, betrieben wird. Die Wissenschaftler wollen Gesteins- und Wasserproben entnehmen und insbesondere auch die mikrobielle Lebewelt in "Lost City" genauer studieren. Bernasconi wiederum möchte zusammen mit einer ETH-Doktorandin die hydrothermalen Prozesse untersuchen. Unter anderem hofft sie, durch die Datierung der Gesteine herauszufinden, wie schnell die Mantelgesteine umgewandelt werden und wie lange solche Systeme aktiv bleiben können.

Über den Stand der Expedition können sich Interessierte laufend auf dem Internet informieren. Vorgesehen ist auch, dass Schüler via Internet die Wissenschaftler an Bord über das Projekt befragen. Von Schweizer Seite beteiligt sich eine Schulklasse der Kantonsschule Rämibüel in Zürich an diesem Dialog.


Fussnoten:
(1) Webseite des Projekts: www.lostcity.washington.edu/
(2) Website des Departements Erdwissenschaften: www.erdw.ethz.ch/
(3) Informationen über die Schiffe: www.whoi.edu/marops/research_vessels/index.html und www.whoi.edu/marops/vehicles/index.html
(4) Homepage der Woods Hole Oceanographic Institution: www.whoi.edu/



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