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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 29.05.2001 06:00

Heute: Start der Mittelschülerinnentage
Für einmal in Frauenhand

Die ETH wird von studierwilligen jungen Frauen nicht gerade gestürmt. - Eine Binsenwahrheit? Ja, aber statt zu resignieren, versuchen zahlreiche Institute und Departemente mit den heute zum sechsten Mal startenden und bis Donnerstag dauernden Mittelschülerinnentagen Gegensteuer zu geben. Die Erfahrung zeigt: die Anstrengungen tragen langsam Früchte.

Von Norbert Staub

Führen wirs uns wieder einmal vor Augen: Frauenanteil in der Elektrotechnik im Stichjahr 2000 bei den Diplomstudierenden: 4 Prozent; im Maschinenbau: 5 Prozent, in der Informatik (die sich im übrigen nicht über Studentenmangel beklagen kann): 8 Prozent und bei den Bauingenieuren - immerhin - 13 Prozent. Hingegen waren gleichzeitig von den 325 Pharmazie-Studierenden 80 Prozent weiblichen Geschlechts, bei den Lebensmittelwissenschaften fast 60 Prozent und in der Biologie und den Umweltnaturwissenschaften über 40 Prozent.

Ernüchternde und erstaunliche Zahlen

Ernüchternde Zahlen zum einen, die das Klischee von den für Frauen "abschreckenden" Studienrichtungen zu bestätigen scheinen, und eindrückliche Zahlen vor allem bei den angewandten Naturwissenschaften zum anderen, die das Bild von der Männerbastion ETH arg ins Wanken bringen. Doch mit "Das tschäggsch du sowieso nöd", dieser auf Pausen- und Spielplätzen immer noch gängigen Abwimmelungsstrategie wird Mädchen frühzeitig und leider oft erfolgreich die Tür zur Welt der Technik verschlossen. Sie öffnet sich, wenn überhaupt, oft nur durch Zufall oder unter grössten Mühen wieder.

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Türen auf für Frauen: die Mittelschülerinnentage sollen den Gymnasiastinnen die Option ETH-Studium näherbringen. gross

An der ETH wird versucht, die Wege, die für junge Frauen zu einem Studium technisch-naturwissenschaftlicher Richtung führen, möglichst breit und gangbar zu machen, und das zu einem Zeitpunkt, wo für die Mittelschülerinnen die Wahl der Studienrichtung ins Blickfeld tritt: ab zirka sechzehn Jahren. Wie "holen" die einzelnen Studienrichtungen die Interessentinnen "ab"? Mit kecken Sprüchen aus der Werbersprache wie "Informatik macht sexy - findet der Arbeitsmarkt", die in der Info-Broschüre zu lesen sind, aber auch einem behutsamen Einblick ins Fach. In Kurzvorträgen wird über kompostierbare Shampooflaschen (Werkstoffe), über "Kräuter, die Käfer killen" (Umweltnaturwissenschaften) oder über die Herstellung einer Kaffeetasse (Maschinenbau) berichtet.

Sämtliche Schweizer Gymnasien im Visier

Bei kleinen Experimenten kann schon mal selbst Hand angelegt werden, zum Beispiel in der Chemie. "Unsere Umfragen haben ergeben, dass die Schülerinnen vor allem Wert auf den Austausch mit Studierenden legen", sagt Zsuzsanna Liptįk, Assistentin am Departement Informatik und dort mitverantwortlich für Frauenförderung, "die Assistierenden sind von ihnen oft schon zu weit entfernt. Wichtig ist auch, die Interessentinnen nicht mit zu vielen Fremdwörtern zu konfrontieren, um sie nicht abzuschrecken."


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Handgreiflich spüren, was Elektrotechnik sein kann: Bild von den letztjährigen Mittelschülerinnentagen. gross

Die OrganisatorInnen gingen auf Nummer sicher: Die Veranstaltung wurde an sämtlichen Mittelschulen der Schweiz ausgeschrieben, auch in der Romandie, wo üblicherweise die ETH Lausanne ihre Studierenden rekrutiert. "Kein Problem", sagt Martino Luginbühl, Studienberater im ETH-Rektorat. "Erstens bietet die EPFL nicht alle Studienrichtungen der ETH Zürich an, und zweitens begrüssen beide Schulen ein Studium in der anderen Sprachregion". Mittlerweile haben sich die ETH-Mittelschülerinnentage zum Renner gemausert: mit gut 590 Anmeldungen ist der Event fast in allen angebotenen Studienrichtungen ausgebucht - einzelne Interessentinnen mussten gar auf eine nächste Gelegenheit vertröstet werden. "Es geht langsam, aber stetig vorwärts", erwidert Luginbühl auf die Frage, ob sich das Werben bei den Mittelschülerinnen positiv niederschlage. "Allerdings bewegt sich diese Verbesserung bei den Ingenieurstudienrichtungen prozentual oft noch in Stellen nach dem Komma, während bei vielen Life-Science-Studienrichtungen ein Frauenanteil von 40 bis 60 Prozent bereits erreicht ist."

Steter Tropfen...

Immerhin ist auf lange Sicht eine deutliche Veränderung festzustellen. 1991 waren nicht einmal ein Fünftel der ETH Studierenden Frauen, im Jahr 2000 schon über ein Viertel. Auch Mitorganisatorin Ulrike Dydak, Physikerin und Doktorandin sowie Frauenbeauftragte im Departement Elektrotechnik, ist guter Dinge: "Das Interesse wird jedes Jahr grösser." Aber wie kommt es, dass gerade in ihrem Fach kaum Frauen auftauchen? "Schwer zu sagen, aber oft kommen die Schülerinnen einfach nicht auf die Idee, dass Elektrotechnik ein mögliches Berufsfeld für sie wäre. Sie denken dabei an Basteleien mit dem Lötkolben - da gilt es, Missverständnisse auszuräumen." Im zwanglosen Austausch vor allem. "Bis zum gemeinsamen Mittagessen trauen sich die Mädchen auch, ihre Fragen zu stellen". Als besondere Attraktion bietet die Elektrotechnik eine kleine Show im Hochspannungslabor, wo Blitz und Donner simuliert werden.

"Schon im Kindergarten sensibilisieren"

Auch an Zsuzsanna Liptįk die Frage, ob die ETH eigentlich nicht viel zu spät ansetze mit ihren Bemühungen, Frauen fürs Studium zu gewinnen: "Sicher", erwidert sie, "man sollte eigentlich schon im Kindergarten anfangen und die Mädchen animieren, auch mit Autos zu spielen. Und man sollte bereits in jüngeren Jahrgängen bei den Mädchen Werbung für technisch-naturwissenschaftliche Ausbildungen machen." Das aber sei nicht Aufgabe einer ETH, räumt Zsuzsanna Liptįk ein, und von der Hochschule personell auch nie zu leisten - "von uns Assistierenden allein schon gar nicht".


Literaturhinweise:
• Näheres zu den Mittelschülerinnentagen finden Sie unter. www.maturandeninfo.ethz.ch:80/mittelschuelerinnentage/



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