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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 20.12.2001 06:00

Das schwule Hochschulforum ist auch an der ETH
Zart und heftig!

Gibt man das Wort "schwul" in die Suchmaschine der ETH ein, landet man nicht nur bei der Witzesammlung eines ETH-Studenten, sondern auch bei zart & heftig. Bereits seit der Gründung 1989 im Rahmen der ‚Unitopie', einer Protestbewegung an der Universität Zürich, die nicht nur hochschulpolitisch Wellen schlug, verstand sich zart & heftig als ein Forum für Schwule beider Hochschulen. Die Botschaft kam an: Die eine Hälfte der Mitglieder stammt von der Uni, die andere von der ETH. Seit Sommer gibt es nun die "Arbeitsgruppe zart & heftig - ETH", die eine Kommission des Verbandes der Studierenden der ETH bildet.

Von Marion Morgner

Der 28jährige Samuel Zinsli, seit drei Jahren Präsident von zart & heftig, freut sich über die Veränderung, die schon Früchte getragen hat. "Das erste Ergebnis dieser Zusammenarbeit war, dass zart & heftig für die Dekoration der ETH-Erstsemesterfete verantwortlich war", erzählt er. Sein Wunsch für die Zukunft ist, dass der Verein an der ETH noch sichtbarer wird. Ein Anschlagbrett, auf dem die Veranstaltungen angekündigt werden, ist hierbei ebenso wichtig wie die Präsenz auf der Homepage der ETH. Für den 26jährigen ETH-Studenten Marco Denoth, der Mitglied der Kommission ist, war es schon lange überfällig, dass der Verein einen offiziellen Status an der ETH hat. "Wir brauchen eine Stimme in der Hochschulpolitik", unterstreicht er. Die neue Kommission setzt sich nicht nur für die Belange von Schwulen ein. Solange es an der ETH an einer eigenen Vereinigung für Lesben mangelt, vertritt sie auch deren Interessen.

Nachtessen zum "Reinschnuppern"

Gesellschaftliches Leben in Form von gemeinsamen Treffen, Kinoabenden und Fachvorträgen wird gross geschrieben bei zart & heftig. "Unsere Aufgaben jetzt sind nicht mehr so sehr politischer, sondern eher sozialer Natur. Bei uns können sich Schwule treffen, kennen lernen und im besten Fall auch einen Partner finden", erzählt Zinsli. Möglichkeiten dazu bietet beispielsweise das Nachtessen, das regelmässig am letzten Donnerstag im Monat veranstaltet wird, ist ein Klassiker bei zart & heftig. Zwei Köche werden unter den Mitglieder herausgedeutet und die zaubern dann für alle ein leckeres Gericht. Zwanzig Gäste müssen eigentlich immer bewirtet werden. Im Winter scheint ein gutes Essen noch mehr zu locken, dann kommen auch schon einmal Vierzig zum grossen Schlemmen. "Das Nachtessen ist nach wie vor der beste Anlass für Neue mal bei uns reinzuschnuppern", rät Samuel Zinsli.

Schwul
Was das ist? Die Jubiläumstorte von zart & heftig im vergangenen Jahr! (Bild: privat) gross

Homosexualität als Forschungsthema

"Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt", betitelte der Regisseur Rosa von Praunheim vor 30 Jahren einen seiner Filme. Seitdem hat sich für Schwule vieles zum Positiven verändert. Doch nach wie vor gibt es Forschungsbedarf zum Thema Homosexualität. Von Heliogabal, einem schwulen, römischen Kaiser, bis hin zur Regelung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften in Europa reichen die Themen, die im aktuellen "Handbuch zu schwulen und lesbischen Studien in der Schweiz" vorgestellt werden. Die Koordinationsstelle Homosexualität und Wissenschaft, die dieses Handbuch herausgibt, ist bei zart & heftig angesiedelt. Die Bedeutung der Forschung unterstreicht auch Marco Denoth und erzählt, dass an der Universität Zürich bereits über eine Professur für Gender-Studies diskutiert wird und fügt hinzu: "Wenn an der ETH ebenfalls die Forschung an schwul-lesbischen Themen vorangetrieben würde, könnte so ein wichtiges Zeichen gesetzt werden."


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Samuel Zinsli (28) ist seit 1993 Mitglied bei zart & heftig. Seit 1995 im Vorstand und seit drei Jahren Präsident. Ende diesen Jahres gibt er sein Amt ab. Zinsli arbeitet als Assistent an der Universität Zürich und hat vor kurzem seine Promotion im Fach Latein begonnen. (Bild: Morgner) gross

Uni hat die Nase vorn

Obwohl an der ETH deutlich mehr männliche Studierende als an der Universität immatrikuliert sind, ist die Mitgliederverteilung "fitfy/fifty". Zufall - oder sind die ETH-Studenten "schüchterner" als die Uni-Studenten? Samuel Zinsli hat dazu eine Theorie: "Wenn ich beobachte, aus welchen Studienfächern wir Mitglieder haben, zeichnet sich schon eine Tendenz ab." Es gebe viele ETH-Fächer in den Natur- und Ingenieurwissenschaften, bei denen man einfach von morgens bis abends in Vorlesungen sitze. Das eigentliche Privatleben finde hier meist ausserhalb der Uni statt. Zinsli: "Aus diesen Studienfächern haben wir immer sehr wenige Mitglieder. Bei vielen Uni-Studienfächern aus den Geisteswissenschaften hingegen, ist studentisches und privates Leben viel mehr vermischt. Hier scheint die Bereitschaft in einen Studentenverein zu gehen, einfach grösser zu sein."

Alltag an der Uni

Als Antwort auf die Frage, ob im täglichen studentischen Leben Diskriminierungen gegenüber Schwulen auftreten, schütteln sowohl Marco Denoth als auch Samuel Zinsli den Kopf. Es gebe natürlich immer wieder Leute, die sagen: "Ich will mich bei meinen Kollegen oder Mitstudenten nicht outen, weil ich nicht weiss, wie die reagieren", sagt Zinsli. Doch diese Scheu, sich zu offenbaren, ist für ihn allein noch nicht alarmierend. "Es ist natürlich die Frage, sind die Laborkollegen Freunde oder einfach Leute, mit denen man zusammenarbeitetet. Im Heterofall würde man vielleicht auch nicht das Privatleben bis ins Innerste ausbreiten." Ähnlich äussert sich auch Marco Denoth: "Der Umgang zwischen Schwulen und Heteros ist an der ETH aus meiner Sicht unverkrampft. Ich zum Beispiel lebe absolut offen. Wen es interessiert, ob ich schwul bin, der kann mich fragen, aber es gibt keinen Grund es ‚jedem' mitzuteilen."

Schwule Professoren

Wenn es an der Hochschule schwule Studenten gibt, wie ist es dann mit dem Thema schwule Professoren? Gibt es welche und nehmen sie an Veranstaltungen von zart & heftig teil? "Das ist ein Tabu-Thema", sagt Zinsli. Bisher sei noch nie ein Professor auf den Verein direkt zugegangen. Zinsli kann das Verhalten der schwulen Professoren nachvollziehen: "Vielleicht wäre es für sie im Hochschulalltag letztlich von Nachteil, wenn sie sich outen." Dieses Thema wäre sicherlich einmal eine eigene Veranstaltung von zart & heftig wert.


Frauenpower bei amaZora

Die Aktivitäten der Lesbengruppe an der Universtität Zürich ‚amaZora' sind kürzlich wieder aufgelebt. Sie arbeiten auch mit zart&heftig zusammen. Die nächste gemeinsame Veranstaltung ist am Mittwoch, dem 23. Januar um 12 Uhr. Auf dem Programm steht ein Disput zum Thema: "Meine Mitlesbe, das unbekannte Wesen". Veranstaltungskalender unter: www.zundh.unizh.ch/agenda.php?monat=012002




Frisch gewählt: Mr. Gay 2001

"Hetero-Sein ist nicht normal, sondern nur häufig", sagt Thomas, der amtierenden Mr. Gay der Schweiz, der am 2.12.2001 gekürt wurde. Der 22jährige studiert an die ETH Lausanne Informatik. Er möchte nach aussen ein Botschafter für Schwule sein, der zeigt, dass "Schwule die gleichen Menschen sind wie Mr. X und Frau Y."




Literaturhinweise:
Zart und heftig: www.zundh.ethz.ch
Mister-Gay: www.mistergay.ch



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