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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 22.01.2002 06:00

Mehr als eine halbe Million veruntreut
ETH-Weinliebhaber vor Gericht

Ein ehemaliger Angestellter der ETH veruntreute eine halbe Million Franken, kaufte sich für 40'000 Franken Wein und leaste ein teures Auto. Gestern wurde er in Zürich zu 16 Monaten bedingt verurteilt.

Von Richard Brogle

Der ehemalige ETH-Angestellte führte ein fürstliches Leben. Unter anderem leaste er einen BMW M5, kaufte sich eine schöne "Tag Heuer" Armbanduhr und Wein für 40'000 Franken. Um seinen luxuriösen Lebenswandel finanzieren zu können, unterschlug er im Jahre 2000 Bargeld und fälschte verschiedene Kassenbelege. Von der Deliktssumme von rund 540'000 Franken ist nur ein geringer Bruchteil wieder aufgetaucht.

Über Mittag: Griff in den Tresor

Der Angeklagte war in der Nebenbuchhaltung tätig. Gemäss der Anklageschrift entnahm er vor allem über Mittag, wenn die Büros leer waren, aus Kassen und einem Tresor hohe Bargeldbeträge. Anschliessend druckte er aus früheren Rechnungsjahren stammende Auszahlungsbelege aus, radierte oder schnitt die alten Buchungsdaten aus und fügte diese mit neuen Angaben versehen als neue Buchungsbelege in die aktuelle Buchhaltung ein. Interne Kontrollen und ein aufmerksamer Professor deckten schliesslich die Veruntreuung auf.

Neue Stelle: als Buchhalter

Nach zweitägiger Haft kam der Angeklagte wieder frei und machte sich nach der fristlosen Entlassung auf Arbeitssuche. Er bewarb sich - verständlicherweise - nicht als Buchhalter, wurde aber trotzdem als solcher eingestellt. Bei einem Unternehmen war gerade eine Stelle in der Buchhaltung frei und da er für die Arbeit, für die er sich eigentlich beworben hatte, überqualifiziert war, stellte man ihn kurzerhand als Buchhalter ein. Bei der späteren Überprüfung der Referenzen kam aber die Vorgeschichte ans Licht. Das Unternehmen wollte dem Angeklagten eine zweite Chance geben und entliess ihn nicht. Gemäss dem Angeklagten werde aber sehr genau darauf geachtet, dass er keinen Zugriff auf das Bargeld habe.

Die Freundin macht sein Budget

Inzwischen arbeitet der Angeklagte seit knapp einem Jahr an seinem neuen Arbeitsort und bezahlt der ETH von seinem Lohn Monat für Monat einen Teil der Deliktssumme zurück. Damit er mit dem Rest gut über die Runden kommt, macht ihm seine Freundin ein genaues Budget.

Wie der Vater ...

Im Plädoyer wies der amtliche Verteidiger darauf hin, dass der Angeklagte unter den schwierigen familiären Verhältnissen gelitten habe. Der Vater habe mehr dem Alkohol zugesprochen als der Familie. Pikantes Detail: bereits sein Vater hat sich laut dem Verteidiger als Angestellter der ETH eine Veruntreuung zu Schulden kommen lassen.


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BGZ
Gestern stand der ehemalige ETH-Mitarbeiter wegen der Veruntreuung einer halben Million Franken vor Gericht gross

Geringe Strafe gefordert

Der Bezirksanwalt forderte die angesichts der beträchtlichen Deliktssumme mild erscheinende Strafe von 18 Monaten bedingt. Der Vorsitzende sah in den mehrfachen Veruntreuungen und den mehrfachen Urkundenfälschungen ein Delikt, das der Angeklagte mit viel Raffinesse und "hoher kriminellen Energie" ausgeführt habe. Er begründete die bedingte Strafe aber damit, dass der Angeklagte nicht einfach "den Pickel hingeworfen", sondern sich nach der Entlassung eine Arbeit gesucht habe. Auch die mustergültige Zusammenarbeit mit den Untersuchungsbehörden rechnete er dem Angeklagten hoch an. Das Gericht verurteilte gestern Abend den Angeklagten zu 16 Monaten bedingt.

Konsequenzen für die ETH

Der Veruntreuungsfall hat innerhalb der ETH zu einigen Konsequenzen geführt. Insbesondere wurden die internen Kontrollen verschärft. Die Buchungsberechtigungen der einzelnen Mitarbeiter wurden eingeschränkt und für alle Transaktionen wurde das vier-Augen-Prinzip eingeführt. Dies bedeutet, dass heute keine Buchung von einer einzigen Person ausgelöst werden kann. Weiter können Fehlbuchungen nicht mehr von derjenigen Person korrigiert werden, die die Fehlbuchung vorgenommen hat. Und schliesslich wurden Massnahmen zur Reduktion der Barbestände in der Kasse ergriffen. "Heute haben wir nach menschlichem Ermessen ein Maximum an Sicherheit, obwohl dadurch enorme Ressourcen gebunden werden", meint Urs Spiess von der Finanzabteilung.


Literaturhinweise:
Die ETH Life-News vom 9. 2. 2001: "Eine halbe Million ergaunert": www.ethlife.ethz.ch/news/show/Veruntreuung.html



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