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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 14.10.2002 06:00

Konferenz zum Credit Tranfer System an der ETH
ECTS braucht noch Zeit

Beim Bologna-Prozess soll das ECTS, das Europäische Credit Transfer System (ECTS) zur Anrechnung von Studienleistungen, eine wegweisende Rolle spielen. Bis dies europaweit funktioniert, bleibt noch viel zu klären - etwa, wie ein Kreditpunkt überhaupt definiert werden soll. Das zeigte eine Konferenz, zu der sich letzten Freitag und Samstag 330 Uni-Delegierte und Fachleute aus ganz Europa an der ETH versammelten.

Von Norbert Staub

"Designt" wurde das ECTS ursprünglich für Austauschprogramme wie "Erasmus" und "Socrates". Es greift bislang vor allem dort, wo bilaterale Verträge zwischen Partner-Universitäten bestehen. Absicht ist, durch eine gemeinsam vereinbarte Bewertung (ein Punktesystem) sowie durch Information über das Studienangebot die Anerkennung von Studienleistungen zu gewährleisten. Dies auf dem Hintergrund, dass zumal Studierende es als stossend empfanden, für ihren Auslandaufenthalt oft mit einem fehlenden Testat an der Heim-Uni "büssen" zu müssen.

Neue Dynamik

Der "Bologna"-Prozess, der momentan europaweit (und in der Schweiz mit der ETH an vorderster Front) die Einführung des Bachelor-/ Master-Systems vorantreibt, hat enorme Dynamik in die Bemühungen um studentische Mobilität und um die Transparenz bei den Studienleistungen gebracht. Mehr Flexibilität und Mobilität zwischen den Hochschulen sind Kernideen, die dem zweistufigen Studienmodell zugrunde liegen. Das ECTS bietet längerfristig die Chance, Lernleistungen mit einem europäischen Mass zu messen - mit der Folge, dass der Wert dieser Leistungen auf dem ganzen Kontinent erkannt und gewürdigt werden kann.

Hürden abbauen - Qualität erhalten

Das Treffen an der ETH wurde von der EUA (European University Association) und dem Bundesamt für Bildung und Wissenschaft organisiert. Die Resultate wurden von Gastgeber ETH-Rektor Konrad Osterwalder zusammengefasst. Es wurde deutlich, dass noch manch offene Frage zu klären ist, bis die wachsende europäische Hochschul-Gemeinde das ECTS als allgemein akzeptierte "Währung" für studentische Leistungen einführen kann. Denn die Dinge liegen vertrackt: Auf der einen Seite besteht in Politik und Universitäten Konsens über das Ziel, den Studierenden Europa als Bewegungs-, Lern- und Erfahrungsraum zu öffnen und die Hürden des Transfers von einer Hochschule zur anderen abzubauen. Das zieht ein Bewertungssystem mit einheitlichen, allgemein akzeptierten Kriterien nach sich.

"No Cafeteria!"

Andererseits fehlt es nach wie vor an solchen Kriterien, und namentlich Spitzenhochschulen befürchten, dass ohne flankierende Massnahmen ihre Autonomie bei der Studierenden-Aufnahme eingeschränkt und der Nivellierung nach unten Vorschub geleistet werden könnte. Die Vorstellung, dass ein Student in einem voll modularisierten System seine Studienleistungen quasi in Selbstbedienung an Instituten seiner Wahl sammeln könnte, um schliesslich von einer renommierten Adresse nur noch seinen Abschluss beglaubigen zu lassen, stiess an der Konferenz auf Ablehnung: "No Cafeteria System", war wiederholt zu hören. Um dies zu vermeiden, wird den Universitäten empfohlen, die curricularen Anforderungen an die Studierenden so klar wie möglich zu definieren. Ebenso wurde die Schaffung eines europaweiten Qualitätssicherungssystems angeregt - was allerdings nicht ohne die Unterstützung der Regierungen und der EU möglich sei.

Was macht einen Kreditpunkt aus?

"An der ETH halten wir am Grundsatz fest, dass jeder Kreditpunkt eine Leistungskontrolle erfordert", hielt Rektor Konrad Osterwalder fest. An anderen Hochschulen erworbene Credits würden von der ETH zudem einer genauen Kontrolle unterzogen.


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Gaben über die Ergebnisse der Konferenz zum Thema ECTS Auskunft: ETH-Rektor Konrad Osterwalder, Eric Froment, Präsident der EUA und EUA-Leitungsmitglied Roderick Floud (v.l.).

Aus Studierenden-Perspektive wurde hingegen die Hoffnung geäussert, dass das ECTS mehr Spielraum bei der Fächerwahl und -kombination sowie bei der Studiendauer bringt, letzteres vor allem für Studierende, die aus finanziellen Gründen arbeiten und nur teilzeit studieren können.

Weitgehende Einigkeit herrschte darin, dass die im Studium zu sammelnden Kreditpunkte nicht nur das quantitative Arbeitspensum berücksichtigen sollen (die Rede ist von durchschnittlich 30 Arbeitsstunden, die einem Punkt entsprechen und von 60 zu sammelnden Punkten pro Jahr). Auch die Qualität der erbrachten Leistungen soll sich widerspiegeln. - Dies als Basis einer grundlegenden, an ECTS orientierten Reform der Studienpläne an Europas Universitäten. Eine Arbeitsgruppe schlug vor, dass das ECTS sich dem entsprechend an klar definierten Lernzielen orientieren soll.

Supplement bietet Detailinformationen

Eine wichtige Rolle in der Darstellung der Studienleistungen soll auch das künftig allen Diplomen beigefügte, standardisierte "Supplement" spielen: es enthält eine Beschreibung der Hochschule sowie genaue inhaltlichen Angaben zur Qualifikation des/r Diplomierten, die den Hochschulen und Arbeitgebern der Partnerstaaten als Beurteilungshilfe dient.

Deutlich wurde, dass die Einführung eines Kreditpunkte-Transfersystems in Europa nicht nur erhebliche politische und universitätspolitische Anstrengungen, sondern auch grossen finanziellen Einsatz erfordert: Es sei besser, sich der etwaigen Grössenordnung von Anfang an klar als im Nachhinein von ihr überrascht zu werden, sagte Roderick Floud, Vizekanzler der London Metropolitan University und Mitglied des EUA-Leitungsausschusses. Noch völlig offen ist allerdings, wie hoch diese Kosten sein werden.


ETH: klarer Kurs Richtung 'Bologna'
An der ETH wird im kommenden Semester die folgenden Departemente auf das Bachelor-/ Master-System umstellen: Maschinenbau und Verfahrenstechnik, Materialwissenschaft, Chemie und Chemieingenieurwissenschaften, Bewegungswissenschaften und Sport sowie die Berufsoffiziere (vorerst ein Bachelor-Studiengang). Im Jahr 2003 werden die ersten Studierenden ihren "Bachelor" machen. Bis 2005 soll die Studienreform abgeschlossen sein. Bereits im Jahr 2001 führte das Departement Informationstechnologie und Elektrotechnik als erstes das Bachelor-/ Master-System ein.



Literaturhinweise:
Website der European University Association: http://www.unige.ch/eua/
Weitere ETH-Life-Berichte zum Thema "Bologna": http://www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/show/0,1046,0-8-1084,00.html http://www.ethlife.ethz.ch/articles/news/show/0,1046,0-5-920,00.html http://ethlifeold.ethz.ch/news/show/0,1046,0-5-1949,00.html



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