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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 09.03.2006 06:00

Strategiediskussion ETH 2020
„Ihre Meinung ist gefragt!“

Gestern Abend hat ETH-Präsident Ernst Hafen eine neue Etappe im Strategiefindungsprozess „ETH 2020“ eingeläutet. Vor Vertretern der Departemente, Infrastrukturbereiche und Hochschulgruppen präsentierte er die von der Schulleitung entwickelten Ziele für die langfristige Zukunftsgestaltung der Hochschule; ebenso zahlreiche mögliche Massnahmen. Alle ETH-Angehörigen sind dazu aufgerufen, sich in der lancierten Diskussion zu engagieren.

Norbert Staub

Sie fallen auf – denn das hartnäckige schneeweisse Einerlei lässt noch kaum Frühlingsgedanken aufkommen: An insgesamt zehn Standorten im Zentrum und am Hönggerberg werden ETH-Angehörige ab heute von leuchtenden Narzissen-Beeten begrüsst.(1) Ähnlich wie diese Farbtupfer in der ETH-Landschaft sollen nun die Ideen der ETH-Angehörigen spriessen, und zwar zum Strategieprozess, der von Ernst Hafen bereits im Januar angestossen wurde und seither im Weblog „ETH 2020“ diskutiert wird. (2), (3).

"Viel gelernt"

Bekannt sind die fünf Schwerpunkte, die der neue Präsident als strategisch definiert hat: Lehre, Nachwuchsförderung, Finanzierung, Technologietransfer und Kommunikation; hinzu kommt die Kategorie Organisation. Die Schulleitung hat nun davon ausgehend in zwei Klausuren Ziele und mögliche Massnahmen abgeleitet und stellt diese erneut zur Debatte – im Weblog, sowie über die Leitungspersonen der einzelnen Bereiche. Er sei demnächst 100 Tage im Amt, sagte Hafen zu Beginn; eine Zeit, in der er viel über die ETH gelernt und manches Erfreuliche zur Kenntnis nehmen konnte. Etwa die hohe Qualität, mit welcher ETH-Forschung in Publikationen wie Nature und Science zum Tragen komme, die Olympia-Goldmedaille der Snowboarderin und ETH-Studentin Daniela Meuli oder auch das Engagement, mit welchem der Parkierungsverantwortliche den Veloparkplatz des ETH-Chefs verteidige.

Ein gemeinschaftliches Unternehmen

Mit gutem Recht werde vom Präsidenten der ETH Strategisches erwartet, so Hafen. Doch halte er dabei das Einfliessen der Erfahrungen jener, die das System tragen, für unverzichtbar. Insofern sei die Gestaltung der nächsten 15 Jahre eine grosse, gemeinsame Aufgabe. Klar müsse sein: „Auch im Jahr 2020 heisst das Kerngeschäft der ETH: Lehre und Forschung auf höchstem Niveau anzubieten.“ Zur Richtung, wie dieses Ziel erreicht werden kann, gelte es jetzt einen Konsens zu schaffen. Denn die Herausforderungen, auf die Antworten gefunden werden müssen, zeichneten sich schon jetzt ab: etwa die Konfrontation mit globalen Konkurrenten nicht mehr nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre, der Trend zur Interdisziplinarität oder die Stagnation bei den öffentlichen Mitteln.

Im folgenden eine Auswahl der von Ernst Hafen präsentierten Ziele und möglichen Massnahmen: Beim Schwerpunkt Lehre strebt die Schulleitung für die Studierenden neben einer hohen Fachkompetenz den Erwerb von unternehmerischen Fähigkeiten an. „Die Studierenden sollten vermehrt nicht nur wissen, wie man eine Firma gründet, sondern es auch wirklich wagen“, so der Präsident. Entsprechende Lehrangebote gehörten deshalb ins Curriculum. Zudem wird vorgeschlagen, mehr Freiräume für selbständiges Arbeiten und Teamwork zu schaffen. Für Dozierende soll es neue Karrieremöglichkeiten geben (angesprochen wurde das angelsächsische Lecturer-Modell). Und Englisch soll, jedenfalls auf der Masterstufe, obligatorisch werden.

Ambitionierte Ziele

In Sachen Nachwuchsförderung sieht Ernst Hafen vor allem bei den Doktorierenden das Potenzial noch nicht ausgeschöpft. Es könnte zum Beispiel durch deren Integration in eine internationale „ETH-Graduate School“ besser genutzt werden. Als ambitionierte Zielmarken gesetzt werden überdies die Schaffung von 100 zusätzlichen Professuren, die Erhöhung des Frauenanteils auf generell 50 Prozent (bei Professoren immerhin noch 30 Prozent). Ermöglichen sollen dies etwa aktives „Scouting“ oder auch die Erhöhung der Kinderbetreuungsplätze in Science City. Um das Interesse an Naturwissenschaft und Technik bei Jugendlichen zu stärken und die Wissenskluft zur Gymnasialstufe zu verringern, sollen weitere Learning Centers für die Aus- und Fortbildung der Kantilehrkräfte entstehen. (4)

Massiv mehr Drittmittel

Beim Schwerpunkt Finanzierung setzt sich die Schulleitung zum Ziel, den Drittmittel-Anteil bis 2011 zu verdoppeln. Hierzu wird beispielsweise vorgeschlagen, eingeworbene Drittmittel bei der Zuteilung der Grundauftragsmittel zu honorieren und die Industriezusammenarbeit zu fördern.


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Eine neue Basis für die Zukunftsdiskussion ETH 2020: ETH-Präsident Ernst Hafen präsentierte gestern ein Bündel von Zielen und möglichen Massnahmen. gross

Diese Massnahme ist natürlich verknüpft mit dem Schwerpunkt Technologietransfer. „Die ETH wurde in der Presse kürzlich zu Unrecht kritisiert, hier zuwenig zu tun“, sagte Ernst Hafen dazu. Dennoch will man sich auch hier steigern: „Wir wollen die durchschnittliche Zahl der jährlichen Spin-off-Gründungen bis zum Jahr 2011 verdoppeln.“ Von der geistigen Disponiertheit dazu, dem „Impfen“ der ETH-Studierenden mit unternehmerischem Geist, war bereits die Rede. „Wir wollen die Lehrprogramme darauf hin hinterfragen, wieweit sie diesen Anspruch erfüllen“, so Hafen. Und im „Bienenhaus“ Science City sollen Inkubatoren stationiert werden, die Science-to-Business-Prozesse ankurbeln und unterstützen.

Der Schwerpunkt 5 heisst „ETH-Kultur und Kommunikation“. Angestrebt wird einerseits eine verstärkte Identifikation der ETH-Angehörigen mit ihrer Institution, andererseits die Intensivierung der Kontakte zu Bevölkerung, Politik und Wirtschaft der Schweiz sowie zu relevanten Zielgruppen im Ausland – auch im Verbund mit den Institutionen des ETH-Bereichs, denn „die Konkurrenz ist nicht in der Schweiz, sondern im Ausland“. Elemente des dazu vorgestellten Massnahmenkatalogs sind etwa eine Diskussion zum Thema „ETH-Kultur“, eine verstärkte Artikulierung von ETH-Anliegen bei politischen Gremien in der Region sowie national. International gelte es, die Regionen festzulegen, in denen die ETH mögliche Studierende oder Opinion Leaders ansprechen will.

Veränderungen der Organisation

Solch tiefgreifende Entwicklungen erfordern institutionelle Anpassungen. So denkt die Schulleitung darüber nach, selbst vermehrt strategisch zu wirken und die Kompetenzen der Lehr- und Forschungseinheiten weiter zu erhöhen. Zur Diskussion steht auch, dass es künftig weniger Lehr- und Forschungseinheiten geben könnte. Bei den Infrastrukturbereichen wird eine bessere gegenseitige Abstimmung der Leistungen angestrebt; mittels gemeinsamer IT-Strategie, vereinfachten Prozessen oder standardisierten Angeboten. „Ich bin mir bewusst, wir haben kühne Ziele“, sagte Ernst Hafen abschliessend. Er freue sich jetzt auf eine engagierte und sicher auch kontroverse Diskussion. In ersten Reaktionen wurde auf mögliche Zielkonflikte hingewiesen, etwa zwischen dem Publikationsdruck für Forschende und dem Vorhaben, die Lehre zu stärken.

Work in Progress

Es sei nicht Absicht der Schulleitung, jetzt schon pfannenfertige Lösungen zu bieten. Nun lade er alle ETH-Angehörigen ein, noch bis Ende Sommersemester ihre Meinung zu bilden und zu äussern, sagte Ernst Hafen und gab den Anwesenden seine Vision auf den Weg: „Die ETH Zürich hat im Jahr 2020 die Herausforderungen gemeistert. Sie hat in der Schweiz bei der Revolution von der Industrie- zur Wissensgesellschaft eine Schlüsselrolle gespielt und stellt weiterhin das Flaggschiff einer wissenschafts- und technologiefreundlichen, weltoffenen Schweiz dar. Die ETH ist sich ihrer Verantwortung für eine nachhaltige und sozial gerechte Entwicklung bewusst; und sie wird selbstbewusst zeigen, wozu sie fähig ist und sich der weltweiten Konkurrenz stellen.“


ETH 2020 - Die nächsten Schritte

Ab heute, 9. März, werden die Ziele und Massnahmen des ETH 2020-Prozesses bei den einzelnen Departementen, Infrastrukturbereichen und Hochschulgruppen zur Diskussion gestellt. Bis zum 7. Juli sollen diese Konsultationen mit je einer schriftlichen Stellungnahme dieser Bereiche abgeschlossen sein. Bis zum diesem Datum läuft auch die ETH-weite Diskussion im Weblog ETH 2020 weiter (www.eth2020.ethz.ch). Die Ergebnisse dieser Etappe sollen in die weiteren Planungsarbeiten einfliessen. Am 16. August dann wird die Schulleitung die anvisierten Ziele in einem Beschluss festhalten. In der zweiten Jahreshälfte sollen konkrete Massnahmen geplant und ein Umsetzungsprogramm erarbeitet werden.




Fussnoten:
(1) Gezimmert und bepflanzt wurden die grossen Tröge übrigens von den hauseigenen Schreinern und Gärtnern.
(2) Hier kommen Sie zum zum Weblog: www.eth2020.ethz.ch
(3) Vgl. dazu die „ETH Life“-Berichte „Plattform für die ETH von morgen“ vom 14. Februar 2006: www.ethlife.ethz.ch/articles/campuslife/eth2020.html sowie „Schwungvoller Start“ vom 10. Januar 2006: www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/slapero06.html
(4) Vgl. dazu den „ETH Life“-Bericht über das jüngst eingeweihte Life Science Learning Center von Uni und ETH Zürich: "Forschung für Mittelschulen erlebbar" vom 2. März 2006: www.ethlife.ethz.ch/articles/news/learningcenterneu.html



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