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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 11.07.2005 06:00

Was ETH-Forscher tun, wenn ihre Studierenden weg sind
Zwischen Schreibtisch und Mauna Kea

Semesterferien gelten offiziell als vorlesungsfreie Zeit. Der Begriff ist offen und provoziert zu fragen, was Forscher denn ohne ihre Studierenden tun. Gehen sie zum Beispiel einfach in die Ferien, bis die Studierenden an die ETH zurückkehren? Eine kleine, nicht repräsentative Umfrage zeigt, was Forschende mit ihrer „Freizeit“ anfangen.

Von Samuel Brandner

Philip Allen gibt mit britischem Humor zu verstehen, dass Wissenschafter in dieser Zeit zu dem kommen, wozu sie gerne aufstehen, nämlich zum Forschen (1). Der Professor am Geologischen Institut der ETH hat dies seiner Mutter rund 30 Jahre lang zu erklären versucht. Da sie, inzwischen 92-jährig, noch immer dieselbe Frage stellt, ist Allen davon überzeugt, dass sie ihm nie glauben wird. Auf die regelmässig wiederkehrende Frage antwortet er ihr heute daher: „Einfach das Übliche, Mum.“

Aufräumarbeit am Schreibtisch

Doch die vorlesungsfreie Zeit ist dazu da, Versäumtes nachzuholen, liegen Gebliebenes aufzunehmen oder grössere Forschungsprojekte anzupacken. Peter Niederer, Professor am Institut für Biomedizinische Technik etwa wird den Sommer trotz möglicher Ofenhitze am Schreibtisch sitzen. Er wird in einem Jahr als Professor zurücktreten (2). So gilt es nachzuholen, was über das Semester liegen geblieben ist und Aufgaben vor dem Rücktritt abzuschliessen. Dazu gehört die Beurteilung von Nationalfonds-Gesuchen, wissenschaftlichen Papers, die Vorbereitung von Konferenzbesuchen und des neuen Masterstudienganges „Biomedical Engineering“, die Abfassung eines Berichts für die EU-Kommission und die Lektüre von Diplom- und Semesterarbeiten. Vor seinem Rücktritt will der Biotechnologe auch noch ein Buch zur Biomechanik beginnen. Dazu komme noch der „übliche administrative Ramsch“, den es immer wieder zu erledigen gelte. Es scheint, als ob die Ferien für ETH-Wissenschafter arbeitsintensiver sind als die Semester. Doch Niederer sieht dies alles als „recht prosaisch und unspektakulär.“

Forschung auf dem Mauna Kea

Überblickt man die verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen an der ETH, so fällt auf, dass es gewissen Disziplinen leichter fällt, den Sommer genussvoll zu überdauern. Optimal erweist sich der Zeitpunkt der Semesterferien für die Astronomen. Arnold Benz hat guten Grund, sich auf die bevorstehende Zeit besonders zu freuen. Er wird für ein paar Wochen nach Hawaii reisen; nicht etwa, um dort als Tourist die Schönheit der Inseln zu geniessen, sondern um auf dem Mauna Kea zum ersten Mal mit einem Teleskop der neusten Generation, dem so genannten SubMillimeter Array (SMA) Teleskop den massenreichen Protostern AFGL 2591 zu beobachten (3). Das Teleskop auf dem höchsten Berg von Hawaii ermöglicht die Beobachtung der kosmischen Strahlung bei Wellenlängen, die kleiner als ein Millimeter sind. Für diese Wellen bietet das SMA-Teleskop die beste Trennschärfe aller Teleskope.


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Das SMA-Teleskop auf dem Mauna Kea gibt den Wissenschaftern Auskunft über den Aufbau der Materie weit entfernter Galaxien. gross

Klären will Benz während seinem Forschungsaufenthalt den Aufbau der Scheibe um den Protostern, der in rund 3000 Lichtjahren Entfernung von der Erde liegt und erst 40'000 Jahre alt ist. Konkret geht es Benz um die Frage, wie weit das Wasser in dieser Scheibe, der so genannten Akkretionsscheibe, verdampft und mit seiner UV- und Röntgenstrahlung reagiert. „Unsere ziemlich groben Modelle sagen bestimmte Moleküle voraus, die ich nachweisen will.“

Verlockend scheinen auch die „Ferienpläne“ von Flavio Anselmetti. Der ETH-Professor vom Geologischen Institut kann neben Pflichtaufgaben am Schreibtisch und dem Umzug seines Büros in die renovierten Chemie-Altbauten auch im Feld forschen. Seine Forschung führt ihn sowohl in die kühlen Alpen wie in die weite Ferne nach Guatemala und an verschiedene wissenschaftliche Konferenzen.

Segeln auf dem Bodensee

Im Vergleich zu den Reiseplänen von Arnold Benz und Flavio Anselmetti nehmen sich die Vorhaben anderer ETH-Wissenschafter weit prosaischer aus. Der Materialwissenschafter Ludwig Gauckler hat aber dennoch Grund, sich auf die vorlesungsfreie Zeit zu freuen. Neben der Vorbereitung und dem Besuch einer Tagung und der Vorbereitung der Vorlesungen des nächsten Wintersemesters will er im August auch Zeit für sein Hobby finden. Gauckler ist ein leidenschaftlicher Segler auf dem Bodensee. Ob heisse oder frostige Temperaturen, der ETH-Professor macht das Segeln bei jeder Witterung Spass (4).

Einkehrende Ruhe nach dem Jubiläum

Auch für den Technikhistoriker David Gugerli bringt die bevorstehende Zeit die lang ersehnte Ruhe. Diese ist ihm besonders zu gönnen (5). Nach dem Jubiläumsprojekt zur 150-jährigen Geschichte der ETH hat sich auf seinem Schreibtisch Arbeit genug angestaut. Er freut sich „endlich in Ruhe schreiben zu können und nicht ständig am Telefon oder per E-mail Auskünfte über die verrücktesten Dinge erteilen zu müssen, von denen auch ich keine Ahnung habe.“


Fussnoten:
(1) Der britische Forscher steht kurz vor seiner Rückkehr nach Grossbritannien. Ein Besuch seiner Homepage lohnt sich daher bestimmt: /www.erdw.ethz.ch/allen
(2) Zu Peter Niederer erfahren Sie mehr hier: www.verw.ethz.ch/cgi-win/whoShow.exe/ws7?ID=664&lang=dt
(3) Weitere Informationen zu diesem Teleskop finden Sie hier: sma1.sma.hawaii.edu/
(4) Zu den Segelabenteuer von Ludwig Gauckler gibt es eine ganze Gallerie zu bestaunen: www.nonmet.mat.ethz.ch/news_events/Social/Bilder_rund_um_2004_selection/
(5) Womit sich ein Technikhistoriker am liebsten befasst, können Sie hier in Erfahrung bringen: www.tg.ethz.ch



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