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Rubrik: Tagesberichte Tagung „Landmanagement – visionäre Innovation“ an der ETH Landmanagement muss politischer werden |
Published: 19.09.2005 06:00 Modified: 16.09.2005 16:59 |
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Die Zeiten, in denen Kulturingenieure vor allem für die Landwirtschaft den Boden verbessert haben, sind vorbei. Sie müssen ihre Leistungen mit den Zielen der Wohlfahrt und der „Good Governance“ in Einklang bringen. Ihr Wissen und ihre Erfahrung sind aber auch zunehmend gefragt, um die Probleme der Regionalpolitik anzugehen. Peter Rüegg (mailto:peter.rueegg@cc.ethz.ch) Seit Mitte August 2005 bewirten die Landwirte der Gemeinde Boswil neue Grundstücke. Damit ist die Melioration in der Gemeinde fast abgeschlossen. Diese dauerte vier Jahre, umfasst 736 Hektaren mit 730 Parzellen und betraf 214 Grundeigentümer, davon 34 Bauern. Noch sind einige Bauarbeiten im Gang. Doch an der Tagung „Landmanagement – visionäre Innovation“ von vergangenem Donnerstag im Hönggerberg konnte ETH-Kulturingenieur Robert Wernli ein positives Fazit ziehen. Die Zahl der Parzellen schrumpfte dank einer Arrondierung des Pacht- und Eigenlandes auf 190, was einem Bedürfnis der Landwirtschaft entsprach. Darüber hinaus habe aber auch die Natur profitiert, indem das Flüsschen Bünz renaturiert worden sei. Aber auch der Grundwasser- und Quellschutz habe berücksichtigt werden müssen. „Zum ersten Mal sind zudem ökologische Elemente im überarbeiteten Kulturlandplan als Zone festgesetzt worden“, strich Wernli ein Novum dieser Melioration hervor. Bodenverbesserungen tägliches BrotNoch immer gehören Meliorationen wie in Boswil zum täglichen Brot des Kulturingenieurs. Das zeigte die Tagung „Landmanagement – visionäre Innovation“, die das Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung (IRL) am Donnerstag an der ETH Hönggerberg organisierte.(1) Doch heute reden die Ingenieure von „modernen Meliorationen“. Entscheidend: sie versuchen auch die Ansprüche von Naturschutz, Grundwasserschutz oder von Gemeinden mit einzubeziehen. War Landmanagement einst ein ziemlich gradliniges Unterfangen, zur Hauptsache abgestimmt auf die Bedürfnisse der Bauern, so müssen sich heute Kulturingenieure auf komplexere „Kisten“ einlassen. Gutes Landmanagement gehorche heute drei Ansprüchen, sagte ETH-Professor Willy Schmid. Sie sei der Nachhaltigkeit, der Wohlfahrt und „Good Governance“ verpflichtet. Letzteres beschreibt das Verhältnis von privaten und öffentlichen Interessen, der Rechtssicherheit aber auch der Effektivität und Effizienz. Als eines der wichtigsten Elemente beim Landmanagement bezeichnete Schmid die Beteiligung aller Betroffenen. „Partizipation ist heute wichtiger denn je, doch der Planer soll seine Vorstellungen einbringen“, sagte der Vorsteher des IRL. Bodenverbesserungen in Städten als neue HerausforderungMeliorationen sollen sich jedoch nicht nur auf das Bauernland konzentrieren. David Naef, Kulturingenieur im Dienst eines Baukonsortiums, zeigte anhand des Projekts Sihlcity in Zürich, wie ein brach liegendes Industrieareal wieder genutzt und aufgewertet wurde. Seine Aufgabe sei es, die Voraussetzungen für das Industriebrachen-Recycling zu prüfen, eine Eignungskartierung zu erstellen, zu planen, Investoren zu finden und schliesslich die Melioration umzusetzen, sprich: den Bau hochzuziehen. „Aktives Landmanagement soll sich nicht nur auf ländliche Räume beschränken“, betonte Naef. Die Melioration im Siedlungsgebiet verbinde bewährte Handwerkskunst des Landmanagements mit modernem Immobilien-Knowhow.
Professionelles Land- und Projektmanagement erschliesse das noch weit gehend ungenutzte Wertschöpfungspotenzial von Industriebrachen in der ganzen Schweiz. Landmanager setzen in der Regionalpolitik AkzenteNoch einen Schritt weiter in der Auffassung von gutem Landmanagement ging Professor Holger Magel von der Technischen Universität München. Er warnte davor, die ländlichen Räume aufzugeben und ausschliesslich auf die Metropolen zu setzen, nur weil die Randregionen „unrentabel“ seien. „Der ländliche Raum ist reich an Ressourcen. Das müssen wir wieder in die politischen Köpfe bringen“, sagte er. Und forderte vehement, dass Kulturingenieure politischer werden müssten, um der „Passivsanierung“ der Randgebiete entgegenzutreten. „Wir müssen daran arbeiten, dass die Gesellschaft die kulturellen und ökologischen Werte des ländlichen Raums erkennt und dass sie diese auch ökonomisch anerkennt“. Das Landmanagement, wenn es denn innovativ und visionär sein wolle, müsse in Zukunft einen wichtigen Beitrag leisten, um funktionierende ländliche Räume zu erhalten.
Footnotes:
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