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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 16.01.2003 06:00

Veränderungen bei Kernporen
Porentief analysiert

Die Kernporen sind die Schleusen zum Zellkern. Was mit ihrer Struktur geschieht, wenn bestimmte Substanzen beigefügt werden, zeigt eine neue Arbeit um die ETH-Professoren Ulrike Kutay und Klaus Ensslin. Dabei konnten Physiker mit ihrer optimierten Rasterkraftmikroskopie-Methode Szenarien bestätigen, die aufgrund biochemischer Experimente zustande gekommen waren.

Von Christoph Meier

Information ist ein wertvolles Gut. Das realisierte auch die Natur, in dem sie der genetischen Information bei den höheren Organismen, den Eukaryoten, mit dem Zellkern ein eigenes Kompartiment zur Verfügung stellte. Diese Absonderung bringt auch den Vorteil einer zusätzlichen Kontrollmöglichkeit mit sich. Dabei spielen die Kernporen als Schleusen zum Zellkern eine entscheidende Rolle. Der Nukleus einer Säugerzelle enthält etwa 4000 Kernporen, durch die jeweils etwa 400 Moleküle pro Sekunde transportiert werden. Forschende der ETH-Institute für Festkörperphysik und für Biochemie konnten nun zeigen, wie sich mit der Beigabe bestimmter Stoffe die Struktur des Kernporenkomplexes (KPK) verändert.

Wie reagieren die Kernporen auf den Transport?

Der KPK besteht aus 30-50 verschiedenen Eiweissen. Als grosser biologischer Komplex war er einer der ersten, der mit Rasterkraftmikroskopie untersucht worden war. Obwohl damit einiges an Strukturwissen gewonnen werden konnte, genügte die Methode nicht, um zu zeigen, ob es auch zu strukturellen Veränderungen im KPK kommt, wenn grössere Eiweisse, die nicht frei durch die Zellkernmembran diffundieren können, durch die Kernporen transportiert werden. Dieser Transport geschieht mittels Transportrezeptoren, die bestimmte Signale in zu transportierenden Makromolekülen erkennen. Die am besten charakterisierte Erkennung geschieht dabei durch ein sinnigerweise "Importin Beta" bezeichnetes Transportrezeptorprotein. Auch aus biochemischen Versuchen war bekannt, dass gewisse Alkohole den Transport in den Zellkern beeinflussen.

Rasterkraftmikroskopie für biologische Oberflächen

Für ihre Forschungen nahmen die ETH-Forschenden um die Biochemieprofessorin Ulrike Kutay (1) und den Physikprofessor Klaus Ensslin (2) verschiedene Versionen des Importin Betas und unterschiedliche Alkohole und gaben sie zu präparierten Zellkernmembranen. Diese stammten aus den Eiern von Krallenfröschen. Das Verhalten der Kernporen bei dieser Behandlung beobachteten die Forscher mit Rasterkraftmikroskopie. Die Methode wurde am Institut für Festkörperphysik so optimiert, dass auch weiche biologische Oberflächen mit grosser Genauigkeit abgebildet werden können. Das bewährte sich jetzt auch für der Kernporenuntersuchung.


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Je nach Behandlung verändern sich die Kernporen: der normale Zustand (A und E), nach Kalziumentzug kommt es zum Verschluss (B und F) wie auch nach Beigabe eine irreversibel bindenden Transportrezeptorproteins (C und G), Alkohole weiten die Pore (D und H). Balken (A-D) = 200 nm. (Bild: K. Ensslin) gross

Porentiefe und -weite

So konnten die Forschenden demonstrieren, dass eine Form von Importin-Beta, die irreversibel an den KPK bindet, die Pore schliesst und dass andere Formen des Eiweisses die Porentiefe entsprechend ihrer Bindungsstärke beeinflussen. Auf den Durchmesser der Kernporen hatten aber die meisten Importin-Beta-Versionen keinen Einfluss. Dies ganz im Gegensatz zu den untersuchten Alkoholen. Diese verursachen eine Durchmesservergrösserung. Als Erklärung geben die Forscher in ihrer im Wissenschaftsmagazins "Biophysical Journal" veröffentlichen Arbeit an (3), dass möglicherweise die Alkohole die Interaktionen zwischen den verschiedenen Eiweissen, die das Innere der Pore füllen, schwächen. In dieses Bild passen auch die früheren Befunde, die eine Selektivitätseinbusse beim Kerntransport nach Zugabe dieser Alkohole demonstrierten.

Physik führt zu biochemischen Fragen

Die Forschung ist ein schönes Beispiel dafür, wie Strukturen und biochemische Funktionen einander zugeordnet werden können: Durch entsprechende Alkohole kommt es zur Verbreiterung der Kernporen und deren Tiefenvariation resultiert aus den verschiedenen Importin-Beta-Mutanten. Gleichzeitig ist dies ein Beispiel für interdisziplinäre Zusammenarbeit im Grenzgebiet zwischen Biologie und Physik. Doch die Studie wäre ja geradezu suspekt, wenn sie nicht auch Fragen aufwerfen würde. So zeigte die Strukturaufklärung auch, dass eine bestimmte Importin-Beta-Form eine ebenso starken Verbreiterung der Kernpore bewirkt wie die getesteten Alkohole. Die Forschenden schliessen darum ihr Paper mit der Bemerkung, dass dieses Phänomen einer Erklärung bedürfe, die jenseits der gängigen biochemischen Modelle für den Kerntransport liege.


Rasterkraftmikroskopie
Bei der Rasterkraftmikroskopie wird eine feine Spitze, die sich am Ende eines Hebelarmes befindet, wie die Nadel eines Schallplattenspielers über die Oberfläche der Probe bewegt. Durch den Einsatz von extrem empfindlichen Messgeräten kann dabei über die Verbiegung des Hebelarmes auf die Kontur der Probenoberfläche geschlossen werden.



Fussnoten:
(1) Forschungsprojekte von Ulrike Kutay: www.bc.biol.ethz.ch
(2) Forschungsprojekte Homepage von Klaus Ensslin: www.nanophys.ethz.ch
(3) Rainer D. Jäggi, Alfredo Franco-Obregón, Petra Mühlhäusser, Franziska Thomas, Ulrike Kutay, and Klaus Ensslin, Modulation of Nuclear Pore Topology by Transport Modifiers, Biophys. J. 2003 84: 665-670: www.biophysj.org



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