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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 07.03.2003 06:00

Forschen auf den Seychellen
Herausgefordert von exotischen Pflanzen

Was macht die Seychellen zum Mekka für ETH-Forscher? Es ist die Tatsache, dass sich auf ozeanischen Inseln modellhaft ein Prozess studieren lässt, der für Ökosysteme weltweit gravierende Folgen hat: die Ausbreitung so genannter invasiver Pflanzen und Tiere in neue Gebiete. Im folgenden der zweite Bericht der ETH-Doktoranden Christoph Küffer und Eva Schumacher, die mithelfen wollen, den überraschenden Erfolg der Eindringlinge auf den Seychellen zu erklären.

Von Christoph Küffer

Vor 250 Jahren hätten wir hier einen Mangrovenwald mit Krokodilen überblickt. Entlang der Bucht einige endlos langsam grasende Riesenschildkröten. Im Meer Haie. Hinter uns ein Jahrtausende alter Regenwald von 30 Meter hohen, astlosen Baumriesen. Das Unterholz ein undurchdringliches, stachliges Palmendickicht. Heute sitzen wir an unserem südafrikanischen Kieferntisch, tippen Messdaten in die iMac-Tasten und schauen auf eine Bucht voller Wasserskis und Schnorchelbrillen. Wir schreiben unsere Dissertation auf Mahé in den Seychellen. Auf einer 134 Quadratkilometer kleinen Insel mitten im Indischen Ozean, 1'000 Kilometer vom afrikanischen Festland.

Garten mit Kokospalmen: diese wurden wie die meisten heutigen Tier- und Pflanzenarten auf die Seychellen eingeführt. (Bilder: Eva Schumacher) gross

Statt Krokodile Ratten und Hunde

90 Prozent der Landfläche ist Wald. Ein grosser Teil der einheimischen Baumarten ist vom Aussterben bedroht. Eine grüne Insel, die den Eindruck von ungestörter, ursprünglicher Natur hinterlässt, erweist sich bei näherem Hinsehen als eine vom Menschen in vielfältiger Weise geprägte Landschaft. Die häufigsten Tier- und Pflanzenarten sind fast alle eingeführt worden. Wo früher die von Farnen und Moosen überwachsenen Urwaldbäume standen, finden sich heute Bananen, Papayas, Kokospalmen, Tulpenbäume, Mahagoni und Flamboyants wie in jedem anderen tropischen Land auch. Die Krokodile und Riesenschildkröten sind ausgestorben. Dafür bevölkern Ratten, Katzen und Hunde die Insel zu Tausenden.

Geobotanik und Invasionsbiologie

Die Frage, wie sich innerhalb von 200 Jahren aus einer Pflanzengemeinschaft, die sich über Millionen von Jahren entwickelt hat, ein von exotischen Pflanzen dominierter Wald entwickeln konnte, steht im Zentrum unseres Forschungsprojekts.


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Das Forscherteam an der Arbeit: ETH-Doktoranden Christoph Küffer und Eva Schumacher. gross

Als Resultat erhoffen wir uns eine Prognose, wie sich die Seychellischen Wälder in der Zukunft weiterentwickeln werden, sowie konkrete Vorschläge für den Naturschutz. Dabei schneiden sich zwei Forschungsschwerpunkte unserer Forschungsanstalt, des Geobotanischen Instituts der ETH Zürich: Die Geobotanik und die Invasionsbiologie. Die klassische Geobotanik beschäftigt sich mit der Frage, wie in den unterschiedlichen Erdteilen Standortfaktoren (Klima, Boden, Topografie) Pflanzengemeinschaften formen. So arbeiteten Geobotaniker der ETH in den letzten Jahren zum Beispiel in Tansania, Nepal, den USA oder eben auf den Seychellen.

Veränderung der Ökosysteme

Die Invasionsbiologie ist eine junge Forschungsrichtung, die sich in den letzten 20 Jahren entwickelt hat. Als Teil des globalen Wandels breiten sich weltweit so genannte invasive Pflanzen und Tiere zunehmend in neue Länder und Kontinente aus, verändern die Ökosysteme und können grossen ökonomischen Schaden anrichten. Die Goldrute aus Nordamerika und der Riesenbärenklau aus dem Kaukasus wurden zum Unkraut in Mitteleuropa, die gemeine Waldrebe (Clematis vitalba) aus Europa überwuchert Bäume auf der tropischen Insel Hawaii. Die invasiven Arten gelten inzwischen als einer der wichtigsten Faktoren, die zum Aussterben von einheimischen Tier- und Pflanzenarten führen.

Invasive Arten: woher der Erfolg?

Bisher ist es Forschern kaum gelungen, den überraschenden Erfolg der Neuzuzügler zu erklären. Man hat versucht, typische Eigenschaften von problematischen, exotischen Pflanzen zu finden, aber die invasiven Arten lassen sich nicht in ein einfaches Schema pressen. Eine Vielzahl von Theorien wurde entwickelt. Eine am Geobotanischen Institut momentan untersuchte Hypothese besagt zum Beispiel, exotische Arten würden davon profitieren, dass sie in ihrer neuen Heimat von den "zu Hause" gebliebenen natürlichen Feinden (zum Beispiel Insekten, Schnecken) in Sicherheit sind. Ozeanische Inseln gelten als regelrechte Modellsysteme für die Untersuchung von biologischen Invasionen. Während Klimaforscher in die Antarktis reisen, zieht es Invasionsbiologen häufig auf die Seychellen.


Literaturhinweise:
Den ersten ETH-Life-Bericht von Christoph Küffer finden Sie hier: www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/kueffer_1.html



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