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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 08.07.2005 06:05

Das Shaxi-Erhaltungs- und Entwicklungsprojekt vor der zweiten Phase
Zum Vorzeigemodell geworden

Im Jahr 2001 begann „The Shaxi Rehabilitation Project“ in der chinesischen Provinz Yunnan, an dem sich die ETH im Auftrag der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) massgeblich beteiligt. In der Zwischenzeit konnte der neu erstellte Marktplatz zusammen mit restaurierten Gebäuden eingeweiht werden. Jetzt versuchen die Verantwortlichen, die nachhaltige Entwicklung des Tals weiter zu fördern. Ein eben gestartetes Teilprojekt besteht darin, Heilpflanzen zu identifizieren und möglicherweise wirtschaftlich zu nutzen.

Von Christoph Meier

„Als wir in Shaxi auftauchten und erklärten, der Ort sei kulturhistorisch wertvoll und eine Chance für die weitere Entwicklung des Tales, musste es für die Bevölkerung gewesen sein, wie wenn ein Ufo landet“, beschreibt Jacques Feiner das Erstaunen, das die ETH im Tal, das im Südwesten Chinas in der Provinz Yunnan liegt, auslöste. Diese Begegnung des Architekten und Raumplaners Feiner, der am ETH-Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung (IRL) arbeitet, liegt aber bereits vier Jahre zurück. In der Zwischenzeit ist viel geschehen.

Feiner gelang es nämlich, in China, der Schweiz und international Partner zu finden und das „Shaxi Rehabilitation Project“ im Jahre 2002 zu starten (1)(2). In diesem setzte man sich zum Ziel, das stark heruntergekommene Dorf Shaxi mit seiner kulturhistorisch einmaligen Karawanenstation und seinem pittoresken Marktplatz zu restaurieren. Zudem sollte die Inititative dem dazugehörigen Tal, das an der früher bedeutsamen, 3500 Kilometer langen Karawanenstrasse von Tibet nach der Provinz Yunnan liegt, Impulse verleihen. Die Koordination des Projektes übernahm dabei das von Professor Willy A. Schmid geleitete IRL. Vor Ort überwachte Feiners chinesischer Partner, der Architekt Huang Yinwu, die Arbeiten. Er stellte auch den Garant dar, dass die Erneuerungen von den lokalen Handwerken der Tradition entsprechend und mit der nötigen “Chineseness“ durchgeführt wurden.

Landesweit beachtetes Fest

Ende letzten Jahres nun konnten die ersten Früchte der Bemühungen geerntet werden. Mit einem grossen Fest mit mehreren Tausend Besuchern feierte man die Wiederbelebung des Marktplatzes und die Restauration der angrenzenden Gebäude, zu denen unter anderem ein wertvoller Tempel der frühen Ming-Zeit und ein Theater gehören. Teilweise erhielten diese, der veränderten Situation entsprechend, neue Nutzungen. So wurde beispielsweise ins Theater noch ein Museum integriert, welches die Bedeutung der Karawanenstrasse dokumentiert. Die Bedeutung der Feier für China kann daran abgelesen werden, dass sie landesweit im Fernsehen übertragen wurde. Für die Qualität der Restauration spricht, dass das Kulturministerium der Provinz Yunnan seine rund 60 vollamtlichen Denkmalpfleger anhand von mehrwöchigen Workshops direkt in Shaxi weiterbilden will.

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Das Theater in Shaxi vor und nach der Restaurierung. gross

Richtplan zum Schutz vor ungebremstem Wachstum

Doch was geschah in Shaxi noch ausser der Wiederherstellung der historisch wertvollen Gebäude? „Wir haben auch erreicht, dass im historischen Dorf die Infrastruktur verbessert wurde, indem eine neue Wasserversorgung und Kanalisation gebaut wurden“, erzählt Feiner. Zudem erhielten die Haushalte Telefonleitungen und Elektrizität. Letztere dient auch für die neue Strassenbeleuchtung des Dorfes, das neben den neuen Gebäuden mit einer wiederhergestellten historischen Pflästerung glänzt. Ebenfalls wurden die neuen öffentlichen wie auch einige private Toiletten mit ökologischer Entsorgung ausgestattet. Feiner hält fest, dass seit dem Start des Projektes rund 10 neue Herbergen im Tal eröffnet wurden. Der Architekt schätzt auch, dass im letzten Jahr dank des Projektes rund 400 Jobs im Tal entstanden sind. Um auch in Zukunft die Beschäftigungssituation in Shaxi nachhaltig zu verbessern, wird mit der atDta Stiftung des Schweizer Industriellen Thomas Schmidheiny ein Mikrokreditprogramm initiiert, um die Gründung von lokalen Kleinunternehmungen zu fördern.

Für eine nachhaltige Entwicklung spricht zudem, dass die chinesischen Behörden einen Richtplan akzeptieren, den die am Projekt beteiligten ETH-Forscher erstellt hatten. Dieser legt neben Orts- und Verkehrsentwicklung auch Schutzzonen für Landschaft und Gewässer fest. Feiner dazu: „Natürlich stellt der Tourismus die wichtigste Entwicklungsmöglichkeit dar. Doch sie kann nur sinnvoll genutzt werden, wenn der Prozess kontrolliert wird, sonst besteht das Risiko, dass in kurzer Zeit sehr viel zerstört wird“. Das Beispiel Lijiang zeige, was nicht geschehen sollte. Die einige Fahrstunden von Shaxi entfernte Altstadt, die mit deutscher Hilfe saniert worden war, verwandelte sich in wenigen Jahren unter dem Ansturm der Touristen von einem kulturhistorisch und ethnographisch sehr bedeutsamen Ort zu einer fast disneylandartigen Erlebniswelt, in der ein Grossteil der einheimischen Bevölkerung keinen Platz mehr hat.


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Mit einem grossen Volksfest feierten im chinesischen Shaxi die Bewohner und Gäste die Restaurierung des Marktplatzes und der umgebenden Gebäude. (Bilder: ŠRalph Feiner ) gross

Flower Power für Shaxi

Damit dieses Schicksal Shaxi möglichst nicht widerfährt, versucht das IRL-Team jetzt in einer zweiten Projektphase einerseits aufzuzeigen, wie ein sanfter Tourismus angekurbelt werden kann, andererseits möchte es ausloten, wie zusätzliche lokale Ressourcen genutzt werden könnten. Ein Projekt, das dabei unterstützt wird, ist die Identifikation von Heilpflanzen, um sie danach gezielt anzubauen. Geleitet wird diese ethnobotanische Studie von Caroline Weckerle, einer Biologin des Instituts für Systematische Botanik der Universität Zürich (3). Als erster Schritt soll ein Masterstudent der Uni, der vor kurzem in China eingetroffen ist, das traditionelle Heilpflanzenwissen der lokalen Bevölkerung dokumentieren. Diese Arbeit erscheint insofern erfolgsversprechend, so Weckerle, da der Südwesten Chinas bekannt ist für eine grosse Biodiversität und die vielfältige lokale Nutzung der Pflanzen. Grundsätzlich gelte es auch zu beachten, dass die primäre Gesundheitsversorgung der ländlichen Bevölkerung mehrheitlich auf Heilpflanzen basiert.

Um in China zu forschen, braucht es eine gehörige Portion Flexibilität und Ausdauer“, schliesst Caroline Weckerle aus ihren Erfahrungen, die sie in den letzten zwei Jahren im Shuiluo-Tal in der Nachbarprovinz von Yunnan, in Sichuan, sammelte. Hier erfuhr sie, wie wichtig es ist, dass man sich von oben nach unten, also von den zuständigen Behörden der Provinz bis hinunter zum Dorfchef, vorarbeitet, um erfolgreich zu forschen. Denn nur so kann man das Vertrauen gewinnen und die für die Ethnobotanik charakteristischen Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Menschen untersuchen, insbesondere den Umgang von indigenen Völkern mit ihrer natürlichen Umwelt sowie den traditionellen Gebrauch von Medizinalpflanzen.

Das restaurierte Tor zum historisch bedeutsamen Shaxi. gross

Die Verantwortung abtreten

Auch für Jacques Feiner ist klar, dass man für eine erfolgreiche Zusammenarbeit in China das auf die lokalen Strukturen eingehen und einen langen Schnauf haben muss. Die momentan verfügbaren Ressourcen erlauben es, das „Shaxi Rehabilitation Project“ noch rund zwei weitere Jahre weiterzuführen. Damit es aber darüber hinaus weiterwirkt, wird schon jetzt das Projekt Schritt für Schritt den Chinesen übergeben, das heisst der lokalen Regierung und der ansässigen Bevölkerung. Diese lernen dadurch die Verantwortung für eine ganzheitliche Weiterentwicklung des Tales sowie für das Management der natürlichen und kulturellen Ressourcen zu übernehmen. So wurde beispielsweise vereinbart, dass eine lokale Organisation zum Schutz und zur sanften Entwicklung des Shaxi-Tales gegründet wird. Feiner meint zu diesem Prozess: „Es fällt weder mir noch meinem chinesischen Partner Huang Yinwu leicht, die Verantwortung abzugeben und zuzulassen, dass oft etwas andere Lösungen gewählt werden, als die, für die man selbst einstehen würde. Doch die eigenständige Übernahme des Projektes und der wesentlichen Projektideen durch lokale Kräfte ist längerfristig die einzige Chance für eine nachhaltige Entwicklung.“

Überblick über das Shaxi-Tal mit seinen Reisfeldern. Neben Reis können hier in näherer Zukunft vielleicht auch vermehrt Heilpflanzen kultiviert werden. gross


Fussnoten:
(1) The Shaxi Rehabilitation Project: www.nsl.ethz.ch:16080/irl/shaxi/index.htm
(2) ETH Life Bericht zu Beginn des Shaxi Rehabilitation Project: www.ethlife.ethz.ch/articles/Shaxi.html
(3) Informationen zu den ethnobotanischen Projekten der Uni Zürich in China: www.ethnobot.ch/home/de/home.htm



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