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Rubrik: Tagesberichte |
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Internationales Symposium über Privatheit und Sicherheit Microsoft neu im Sponsoren-Boot |
Unter namhafter Beteiligung der ETH findet anfangs November ein internationales Symposium über Privatheit und Sicherheit statt (im Originaltitel "privacy and security"). Fachleute werden aus verschiedenen Blickwinkeln über die problematischen Aspekte der Informationsgesellschaft debattieren. Von Roman Klingler "Computer-Viren", E-Voting, Ueberwachung am Arbeitsplatz, der gläserne Bürger, die gläserne Konsumentin: Dies sind einige Schlagworte zu einem erst begonnenen gesellschaftlichen Diskurs über die Widersprüche zwischen den rasenden Fortschritten der Informationstechnologien einerseits und dem Recht auf Privatheit anderseits. Das diesjährige Symposium (1) "on privacy and security" vom 1. und 2. November hat hierzu wiederum hochkarätige Referentinnen und Referenten eingeladen (siehe Kasten). Im Unterschied zu anderen Jahren, als die Veranstaltung noch an der ETH durchgeführt wurde, findet die 6. Ausgabe des Symposiums nun erstmals im Zürcher Kongresshaus statt. Man hätte an der ETH nicht alle Veranstaltungen parallel zum Semesterbetrieb durchführen können, erklärte Beat Rudin von der Stiftung Datenschutz und Informationssicherheit. Ebenfalls neu ist, dass das Symposium sich über zwei Tage erstreckt. Getragen wird die Veranstaltung unter anderem auch durch die ETH.
Viren - ein Microsoft-Phänomen? Erstmals tritt Microsoft als Sponsor auf. Dies ist gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Vorfälle "bösartiger Software" brisant. Sowohl der Computerwurm "Code Red" wie auch das Virus "Nimda" nutzten Sicherheitslücken bei der Serversoftware IIS aus und attackierten vorzugsweise die Betriebssysteme Windows 2000 und Windows NT4 - beides Produkte des Software-Giganten aus Redmond. Die deutsche Computerfachzeitschrift "c't"(2) schreibt dazu: "Viren sind hauptsächlich ein Windows-Phänomen...Die Sicherheitseinstellungen des Internet Explorer, die auch das Verhalten von Outlook (Express) beeinflussen, sind etwa so übersichtlich wie die deutschen Telefontarife." Unter diesen Prämissen wird es interessant sein, von Microsoft-Exponenten zu hören, mit welchen Strategien sie auf die steigende Flut von Computerviren zu antworten gedenken. Bald digitale Daten mit Rechtskraft Die totale Sicherheit von Computer- und Kommunikationssystemen werde es wohl auch in Zukunft nicht geben, erklärte Ueli Maurer, ETH-Professor für Theoretische Informatik und Mitinitiant des Symposiums. Information sei in zunehmendem Masse die bestimmende Ressource in Wirtschaft und Gesellschaft. Diese Ressource unterscheide sich radikal von anderen Ressourcen; etwa dadurch, dass sie praktisch kostenlos kopiert, mit Lichtgeschwindigkeit transportiert, aber auch zerstört werden könne, ohne Spuren zu hinterlassen. Software weise auch heute noch eine geringe Zuverlässigkeit aus. Wie anfällig moderne Computersysteme bleiben, zeigten erst kürzlich die Software-Pannen bei Swisscom mobile oder beim SBB-Stellwerk in Basel.
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Maurer wies auf die tiefgreifenden gesellschaftlichen Folgen der Informationstechnologien hin. Digitale Signaturen, Public-Key-Infrastrukturen und digitale Evidenz. Begriffe, mit denen heute wohl nur eine kleine Zahl von Spezialisten etwas anfangen können. Aber schon in wenigen Jahren, so prophezeit Maurer, werden sich die Primarschüler mit solchen Begriffen befassen müssen. Die Tatsache, dass bald einmal digitale Daten darüber entscheiden, ob jemand eine Zahlung getätigt hat oder ob ein Vertrag rechtskräftig unterschrieben worden ist, bedeutet für den ETH-Forscher nicht weniger als ein gesellschaftlicher Paradigmenwechsel. Grassierende Video-Ueberwachung Der Datenschutzbeauftragte des Kantons Zürich, Bruno Baeriswyl, beleuchtete das Thema "privacy and security" aus rechtlicher Sicht. Es gebe mit Sicherheit ein Recht auf Privatsphäre, aber gebe es ein Recht auf Technologie, hinterfragte er in neuem Zusammenhang den Fortschrittsbegriff. Mit anderen Worten: Muss, soll man alles machen, was (technologisch) machbar ist? Baeriswyl verwies auf verschiedene problematische Tendenzen, die die Privatspähre des Einzelnen als Fundament unserer Rechtsordnung zunehmend in Frage stellten. So stelle man fest, dass die Ueberwachung am Arbeitsort zunehme (Surfverhalten, Email-Verkehr). Im Zusammenhang mit der in Mode gekommenen Videokameras sprach Baeriswyl von einer Seuche. Der Eingriff ins Private, der heute immer leichter und günstiger zu haben sei, lasse sich nur aufgrund einer seriösen Interessensabwägung rechtfertigen. Der Eingriff müsse nicht nur verhältnismässig und zweckmässig sein, es bedinge auch einer rechtlichen Grundlage. Und oft fehle eine solche. Auch hier zeigt sich das Problem, dass das Recht der technologischen Entwicklung hinterher hinkt.
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Fussnoten:
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