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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 15.10.2001 06:00

Internationales Symposium über Privatheit und Sicherheit
Microsoft neu im Sponsoren-Boot

Unter namhafter Beteiligung der ETH findet anfangs November ein internationales Symposium über Privatheit und Sicherheit statt (im Originaltitel "privacy and security"). Fachleute werden aus verschiedenen Blickwinkeln über die problematischen Aspekte der Informationsgesellschaft debattieren.

Von Roman Klingler

"Computer-Viren", E-Voting, Ueberwachung am Arbeitsplatz, der gläserne Bürger, die gläserne Konsumentin: Dies sind einige Schlagworte zu einem erst begonnenen gesellschaftlichen Diskurs über die Widersprüche zwischen den rasenden Fortschritten der Informationstechnologien einerseits und dem Recht auf Privatheit anderseits. Das diesjährige Symposium (1) "on privacy and security" vom 1. und 2. November hat hierzu wiederum hochkarätige Referentinnen und Referenten eingeladen (siehe Kasten).

Im Unterschied zu anderen Jahren, als die Veranstaltung noch an der ETH durchgeführt wurde, findet die 6. Ausgabe des Symposiums nun erstmals im Zürcher Kongresshaus statt. Man hätte an der ETH nicht alle Veranstaltungen parallel zum Semesterbetrieb durchführen können, erklärte Beat Rudin von der Stiftung Datenschutz und Informationssicherheit. Ebenfalls neu ist, dass das Symposium sich über zwei Tage erstreckt. Getragen wird die Veranstaltung unter anderem auch durch die ETH.

Medienkonferenz vor Symposium
Rührten noch einmal die Werbetrommel für das Symposium von Anfang November: vlnr. Bruno Baeriswyl, Ueli Maurer und Beat Rudin gross

Viren - ein Microsoft-Phänomen?

Erstmals tritt Microsoft als Sponsor auf. Dies ist gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Vorfälle "bösartiger Software" brisant. Sowohl der Computerwurm "Code Red" wie auch das Virus "Nimda" nutzten Sicherheitslücken bei der Serversoftware IIS aus und attackierten vorzugsweise die Betriebssysteme Windows 2000 und Windows NT4 - beides Produkte des Software-Giganten aus Redmond.

Die deutsche Computerfachzeitschrift "c't"(2) schreibt dazu: "Viren sind hauptsächlich ein Windows-Phänomen...Die Sicherheitseinstellungen des Internet Explorer, die auch das Verhalten von Outlook (Express) beeinflussen, sind etwa so übersichtlich wie die deutschen Telefontarife." Unter diesen Prämissen wird es interessant sein, von Microsoft-Exponenten zu hören, mit welchen Strategien sie auf die steigende Flut von Computerviren zu antworten gedenken.

Bald digitale Daten mit Rechtskraft

Die totale Sicherheit von Computer- und Kommunikationssystemen werde es wohl auch in Zukunft nicht geben, erklärte Ueli Maurer, ETH-Professor für Theoretische Informatik und Mitinitiant des Symposiums. Information sei in zunehmendem Masse die bestimmende Ressource in Wirtschaft und Gesellschaft.

Diese Ressource unterscheide sich radikal von anderen Ressourcen; etwa dadurch, dass sie praktisch kostenlos kopiert, mit Lichtgeschwindigkeit transportiert, aber auch zerstört werden könne, ohne Spuren zu hinterlassen. Software weise auch heute noch eine geringe Zuverlässigkeit aus. Wie anfällig moderne Computersysteme bleiben, zeigten erst kürzlich die Software-Pannen bei Swisscom mobile oder beim SBB-Stellwerk in Basel.


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Ueberwachungskamera an der ETH
An der ETH Zürich gibt es allein 71 fest installierte Ueberwachungskameras (hier in der Clausiusbar) gross

Maurer wies auf die tiefgreifenden gesellschaftlichen Folgen der Informationstechnologien hin. Digitale Signaturen, Public-Key-Infrastrukturen und digitale Evidenz. Begriffe, mit denen heute wohl nur eine kleine Zahl von Spezialisten etwas anfangen können. Aber schon in wenigen Jahren, so prophezeit Maurer, werden sich die Primarschüler mit solchen Begriffen befassen müssen. Die Tatsache, dass bald einmal digitale Daten darüber entscheiden, ob jemand eine Zahlung getätigt hat oder ob ein Vertrag rechtskräftig unterschrieben worden ist, bedeutet für den ETH-Forscher nicht weniger als ein gesellschaftlicher Paradigmenwechsel.

Grassierende Video-Ueberwachung

Der Datenschutzbeauftragte des Kantons Zürich, Bruno Baeriswyl, beleuchtete das Thema "privacy and security" aus rechtlicher Sicht. Es gebe mit Sicherheit ein Recht auf Privatsphäre, aber gebe es ein Recht auf Technologie, hinterfragte er in neuem Zusammenhang den Fortschrittsbegriff. Mit anderen Worten: Muss, soll man alles machen, was (technologisch) machbar ist? Baeriswyl verwies auf verschiedene problematische Tendenzen, die die Privatspähre des Einzelnen als Fundament unserer Rechtsordnung zunehmend in Frage stellten. So stelle man fest, dass die Ueberwachung am Arbeitsort zunehme (Surfverhalten, Email-Verkehr). Im Zusammenhang mit der in Mode gekommenen Videokameras sprach Baeriswyl von einer Seuche.

Der Eingriff ins Private, der heute immer leichter und günstiger zu haben sei, lasse sich nur aufgrund einer seriösen Interessensabwägung rechtfertigen. Der Eingriff müsse nicht nur verhältnismässig und zweckmässig sein, es bedinge auch einer rechtlichen Grundlage. Und oft fehle eine solche. Auch hier zeigt sich das Problem, dass das Recht der technologischen Entwicklung hinterher hinkt.


Programmliche Highlights

Das Symposium kostet für einen Tag 590 Franken, für beide Tage 790 Franken. Studierende zahlen nach Angaben der Veranstalter die Hälfte. Für die meisten von ihnen ist wohl auch dies noch zuviel. Offenbar ist eine Anzahl freier Eintritte für ETH-Angehörige reserviert, die an der Veranstaltung interessiert sind. Einige Highlights aus dem Programm:
auflistungszeichen Security Infrastructure and Solutions: linking the digital and the real world (mit Professor U. Maurer)
auflistungszeichen Security Strategies for the Future (mit Howard A. Schmidt, Corporate Security Officer, Microsoft Corporation, Redmond USA)
auflistungszeichen E-Future und die Zukunft der Privatspähre in der Schweiz (mit Thomas Held, Direktor der Stiftung Zukunft Schweiz)
auflistungszeichen "The transparent society" (mit David Brin, Buchautor des gleichnamigen Buches)
auflistungszeichen Podiumsdiskussion "Auf dem Weg zur Gesellschaft mit unbeschränkter Ueberwachung?"




Fussnoten:
(1) Das volle Programm des Symposiums finden Sie unter: http://www.privacy-security.ch
(2) www.heise.de/ct/01/02/098/default.shtml



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