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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 13.10.2005 06:00

Synthese von Vitamin B6
Pflanzen machen es anders

ETH-Forschenden ist es gelungen, die Biosynthese von Vitamin B6 in höheren Pflanzen aufzuklären. Überraschenderweise verläuft dabei die Produktion des lebensnotwendigen Stoffes anders, als man ausgehend vom Bakterium Escherichia coli bisher annahm.

Christoph Meier

Durch die Evolution sind alle Lebewesen miteinander verbunden. Das erlaubt es, mit Modellorganismen zu arbeiten. Die mit ihnen gewonnen Erkenntnisse geben häufig einen Einblick, der weit über die untersuchte Art hinausreicht. Doch ungeprüft sollte man nicht verallgemeinern. Das zeigt auch eine neue Studie, bei der Forschende aus der Arbeitsgruppe von Teresa Fitzpatrick vom ETH-Institut für Pflanzenwissenschaften bei Pflanzen einen neuen Syntheseweg für das Vitamin B6 fanden (1). Dieser entspricht nicht dem bisher als allgemein gültig angenommenen Prozess des Bakteriums Escherichia coli. Die Arbeit der ETH-Wissenschaftler erschien Ende September im Wissenschaftsmagazin PNAS (2).

Vitamin B6 ist in mehr Körperfunktionen involviert als jeder andere bekannte Nährstoff. Es ist hauptsächlich am Auf- und Abbau von Aminosäuren beteiligt, die die Bausteine von Proteinen darstellen. Kürzlich konnte auch gezeigt werden, dass das Vitamin als hochwirksames Antioxidans wirkt, indem es Sauerstoffradikale unschädlich macht. Ein Vitamin B6-Mangel führt zur Schwäche, Reizbarkeit, Dermatitis im Gesicht, Anämie und zu neurologischen Störungen. Kein Wunder also, dass der Nährstoff lebensnotwendig ist.

Wie macht es die Ackerschmalwand?

Obwohl Pflanzen die Hauptquelle für Vitamin B6 für den Menschen darstellen, kannte man die dazugehörige Biosynthese kaum. Es wurde einfach angenommen, dass die Produktion von Vitamin B6 wie beim Bakterium E. coli vom Molekül Deoxyxylulose 5-Phosphat (DXP) abhängt. Kürzlich fand man aber heraus, dass in Pilzen ein DXP-unabhängiger Weg existiert mit zwei Genen, PDX1 und PDX2, die keine Entsprechung in E.coli aufweisen. In Studien mit dem Bakterium Bacillus subitilis konnte Teresa Fitzpatrick erst kürzlich die Biochemie der Produkte von PDX1 und PDX2 aufzeigen (3).

Vor diesem Hintergrund war es natürlich interessant herauszufinden, wie Pflanzen Vitamin B6 synthetisieren. Ihre diesbezüglichen Forschungen machten Fitzpatrick und ihre Kollegen mit dem Lieblingsorganismus der Pflanzenwissenschaftler, der Ackerschmalwand oder mit dem lateinischen Namen Arabidopsis thaliana. In diesem suchten die Forscher als erstes, ob PDX1 und PDX2-Gene vorhanden sind. Sie fanden für PDX1 drei homologe Gene und für PDX2 ein homologes Gen. In Hefe wurde dann getestet, wie weit die verschiedenen Varianten der Pflanzen-Gene fähig sind, den Pilz mit defekten Genen für die Vitamin B6-Synthese wieder normal wachsen zu lassen. Es zeigte sich, dass zwei Varianten von PDX1, sowie PDX2, das Wachstum wieder verbessern, wohingegen eine Variante von PDX1 diese Funktion nicht übernehmen kann.


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Trägt eine Ackerschmaldwand in jedem seiner zwei Chromosomensätze ein defektes PDX2-Gen, erscheinen einzelne Samen als Albino (unten mit Pfeilen). Oben im Vergleich dazu eine Wildtyppflanze. (Bild: T. Fitzpatrick) gross

Albino bei defektem PDX2

Bezüglich der Lokalisation fanden die Forscher heraus, dass die Synthese von Vitamin B6 in Pflanzen im so genannten Cytosol abläuft, also keiner speziellen Organelle bedarf. Der Nährstoff kann zudem unabhängig von DXP produziert werden. Denn wurde das Enzym, das DXP synthetisiert, ausgeschaltet, hatte das keinen grossen Einfluss auf den Vitamin B6-Gehalt der Pflanze. Die Synthese des Nährstoffs hängt vielmehr von Zwischenprodukten des so genannten Pentosephosphat-Wegs ab. So konnten diese Zwischenprodukte von den zwei PDX1-Varianten im Reagenzglas weiter verarbeitet werden. Lebenswichtig für die Pflanze ist sicher PDX2. So zeigten Samen mit einem defekten PDX2-Gen einen Entwicklungsstopp. Das zeigte sich unter anderem darin, dass sie keine Pigmente produzierten und als Albino erschienen.

Eventuell auch relevant für Malariamedikamente

Insgesamt konnten somit Fitzpatrick und ihre Kollegen zeigen, dass die Biosynthese des lebenswichtigen Vitamin B6 in höheren Pflanzen PDX-unabhängig geschieht und somit nicht der von E.coli entspricht. Diese Einsicht könnte die Basis bilden für jemanden, der beispielsweise versuchen möchte, gentechnisch grössere Mengen des wichtigen Nährstoffs in Pflanzen herzustellten. Die ETH-Forscherin macht auch darauf aufmerksam, dass der neue Syntheseweg auch im Malariaerreger Plasmodium falciparum vorkommt. In Zusammenarbeit mit Kollegen in Heidelberg möchte sie als nächstes herausfinden, ob er auch in diesem Organismus lebenswichtig ist. Falls ja, würden sich vielleicht neue Ziele für Medikamente eröffnen. Für Teresa Fitzpatrick ist aber auch die Biosynthese von Vitamin B6 in Pflanzen noch nicht ausgereizt. So will sie beispielsweise genauer wissen, was es mit den verschiedenen Varianten von PDX1 auf sich hat.


Fussnoten:
(1) ETH-Gruppe für Biochemie und Physiologie der Pflanzen: www.pbp.ipw.biol.ethz.ch/
(2) Tambasco-Studart M, Titiz O, Raschle T, Forster G, Amrhein N, Fitzpatrick TB.: „Vitamin B6 biosynthesis in higher plants“. Proc Natl Acad Sci U S A. 2005 Sep 20;102(38):13687-92.
(3) Raschle T, Amrhein N, Fitzpatrick TB. “On the two components of pyridoxal 5'-phosphate synthase from Bacillus subtilis”. J Biol Chem. 2005 Sep 16;280(37):32291-300.



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