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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen WELCOME YESTERDAY |
Published: 19.10.2005 06:00 Modified: 19.10.2005 11:04 |
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Von Kathrin Jaag und Sabine von Stockar
Fast gleichzeitig hatten sie Post bekommen von der ETH. Ein Couvert mit einem Brief und einem Programm für die ETH Visionenwoche. Der Inhalt der Briefe an Paul, Gottfried und Wolfgang war fast der gleiche. Sie alle hatten eine Einladung erhalten, anlässlich des ETH-Jubiläums am 14. November am Tag der Lehre ein Referat zu halten. Die Reaktionen hätten unterschiedlicher nicht sein können. Paul war erfreutDie Einladung sprach ihn sehr an. Die Eule mit dem Ventilatoren (den er eindeutig auf Anhieb als solchen identifizierte) hatte etwas Dadaistisches. Schienen sie doch keinen Sinn zu ergeben, geschweige denn zusammen zu passen. Dennoch (oder gerade darum?) fand er Gefallen am Bild. Er erkannte darin einen abstrakten Ausdruck des methodischen Pluralismus und unverkennbar seinen Slogan „anything goes“ symbolisiert. Inspiriert durch die Eule schickte er sofort seine Zusage an die ETH, am Tag der Lehre ein Referat zum Thema Widerstreit und Harmonie zu halten.
Gottfried war verärgert Diese Doppel-Kuppel auf dem Programm war schlichtweg ein Affront. Wie konnten sie es nur wagen. Da luden sie ihn ein – welche Ehre – und wussten gleichzeitig nichts Besseres, als ihn schmerzlich darauf aufmerksam zu machen, dass das wahre Wahrzeichen an der ETH ohne ihn zustande gekommen war. Da erwarteten sie von ihm, über Kunstsymbolik zu referieren und er musste gleichzeitig mitansehen, wie nach ihm noch einer gekommen war, der dem Gebäude erst zum Symbolcharakter verholfen hatte. Sollten sie doch gleich diesen Gull einladen… Bei diesem Gedanken beschloss er unverzüglich, zuzusagen. Das wär ja noch schöner, dass bei der 150-Jahr-Feier der anstelle von ihm teilnehmen würde! Wolfgang war verwirrtAuch Wolfgang hatte dieses Schreiben erhalten. Es war schon lange her, seit er das letzte Mal an der ETH war. WELCOME TOMORROW, hatte es oben rechts auf der Einladung geheissen. Und dann weiter unten, der Vortrag würde am 14. November stattfinden. Ja was denn nun? Die ETH hatte sich auch schon klarer ausgedrückt. Doch er wollte nicht schon wieder kritisch sein. Ihm war schon bewusst, dass er für seine kritische Haltung bekannt war an der ETH. Doch wann auch immer, er würde einen Vortrag halten über Phänomen und physikalische Realität. WELCOMEAm 14. November werden sie also alle drei im ETH-Hauptgebäude erscheinen. Gottfried wird zugeben müssen, dass die Kuppel gar nicht so schlecht aussieht auf seinem Gebäude (1) und Paul wird freudig überrascht sein: „Anything goes“, der neue Look der Haupthalle wird dies voll und ganz bestätigen! (2) Nur Wolfgang ist eventuell nochmals verwirrt. WELCOME TOMORROW. In grossen Lettern steht es vor dem Hauptgebäude. Und er wird sich fragen, ob er sich wohl im Datum geirrt hat. Lassen Sie sich nicht verwirren. Selbst wenn auch am 14. November noch WELCOME TOMORROW steht, wir sagen dann WELCOME TODAY und laden Sie herzlich ein mitzuerleben, wie Gottfried Semper, Wolfgang Pauli und Paul Feyerabend nochmals zum Leben erweckt werden. (3) > References:
Footnotes:
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